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Uneinheitlichkeit nach dem Einheitsforstamt

Veröffentlicht am: 03. November 2016

Was kommt nach dem Kartellverfahren?

Die Tagung des Baden-Württembergischen Forstvereins an der Hochschule für Fortwirtschaft Rottenburg (HFR) bot am 25. Oktober interessante Ein- und Ausblicke in die Gefühlslage und in strategische Überlegungen verschiedener Akteure und Waldbesitzer angesichts der wahrscheinlichen Veränderungen in der Forstorganisation im Zusammenhang mit dem Kartellverfahren. Sie war aber auch eine willkommene Gelegenheit für die rd. 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sich fachlich und inhaltlich mit der Zukunft ihrer Disziplin auseinanderzusetzen.

Mit fast 200 Forstleuten aus dem ganzen Land hatte die diesjährige Forstvereinstagung so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie schon lange nicht mehr. Diese nahmen das gemeinsame Angebot des Forstvereins, des Kreisforstamtes Tübingen und der HFR an, sich im Rahmen der Tagung untereinander sowie mit den Vertretern unterschiedlicher Interessen zur zukünftigen Aufstellung der Forstwirtschaft im Lande auseinanderzusetzen und sich auf den aktuellen Stand des Verfahrens bringen zu lassen.

Etwa sechs Wochen vor der mündlichen Verhandlung am Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) am 14. Dezember und nur wenige Wochen vor dessen Entscheidung im Frühjahr 2017 diskutierten mit dem Landesforstpräsidenten Max Reger, dem Präsidenten des Landkreistages Baden-Württemberg, Landrat Joachim Walter (Tübingen), dem Präsidenten der Forstkammer Baden-Württemberg, Bürgermeister Roland Burger (Stadt Buchen), und Raimund Friderichs, dem Unternehmensleiter Forst und Prokuristen der Hohenzollern Forstdienste innerhalb der Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern, vier Vertreter sehr unterschiedlicher Positionen durchaus kontrovers. Zwar führte die von Rektor Bastian Kaiser moderierte Podiumsdiskussion erwartungsgemäß nicht zu einer einvernehmlichen Lösung des durch die Klage der Sägewirtschaft entstandenen Handlungsdrucks, doch wurden sich bietende Alternativen ebenso deutlich wie die zu berücksichtigenden Probleme. Offen und spannend blieb die Frage, ob das Land gegen den Richterspruch in Düsseldorf beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde einlegen und ggf. sogar in einem weiteren Schritt bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird – und sollte sich das Land zu diesem Schritt entscheiden, für den sich Landrat Walter klar ausgesprochen hat, dann ist offen, ob die waldbesitzenden Kommunen die Rechtssicherheit einer höchstrichterlichen Entscheidung abwarten oder schon zuvor „eigene Wege“ (z.B. kommunale Zusammenschlüsse) einschlagen oder sich vertraglich die Dienste Dritter sichern werden. Erste Städte und Gemeinden sind schon dabei, „ihre Försterinnen und Förster“ zu kommunalisieren und hoffen auf eine Novellierung des Landeswaldgesetzes, die dann auch kommunale Forstämter mit Leiterinnen und Leitern im gehobenen Dienst und mehr eigenständige Dienstleistung durch Unternehmer zulässt. Ob das so kommen wird, ist noch völlig offen.

Sehr wahrscheinlich ist dagegen schon jetzt, dass die rund 320.000 Hektar Staatswald im Land in eine Anstalt des öffentlichen Rechts eingebracht werden. Die schon in der Koalitionsvereinbarung getroffene Entscheidung der grün-schwarzen Landesregierung für diese Rechtsform lässt ganz bewusst offen, wie die hoheitlichen Zuständigkeiten im Zusammenspiel der dreigliedrigen Verwaltung und des neu zu gründenden Landesbetriebs organisiert werden.

Neben einer allgemeinen Verunsicherung bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, war an diesem Tag auch eine gewisse Unruhe und zunehmende Ungeduld zu spüren, die hie und da schon in eine Aufbruchstimmung bei den Verantwortlichen und Entscheidungsträgern zu münden scheint.

„Wechsel und Aufbruch“ waren auch die kennzeichnenden Begriffe für die Mitgliederversammlung des Forstvereins, die am selben Tag an der HFR stattfand: Über zehn Jahre lang führte Ulrich Kienzler als Präsident die Geschicke des Vereins. Er zog sich nun ganz bewusst auf das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden zurück und übergab den Führungsstab an seinen einstimmig gewählten Nachfolger Prof. Dr. Artur Petkau. Bis auf Bastian Kaiser, der in den Beirat des Vereins wechselt, wurden alle Vorstandsmitglieder in ihrem Amt bestätigt und auch der Beirat wurde in einer nur leicht veränderten Zusammensetzung von der Versammlung neu gewählt. Die Mitgliederversammlung dankte Ulrich Kienzler für seinen großen Einsatz und die wichtigen Weichenstellungen in forstpolitisch bewegten und schwierigen Zeiten und schloss die scheidende Geschäftsführerin Inge Hormel in diesen herzlichen Dank mit ein.

Schließlich waren „Aufbruch“ oder „Auf in die Zukunft“ auch die Leitgedanken zum Nachmittagsprogramm der Tagung: In insgesamt sechs alternativen Angeboten, die der Forstverein in enger Zusammenarbeit mit der HFR und dem Kreisforstamt Tübingen angeboten hatte, brachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmerinnen entweder zu Exkursionen in den nahen Schönbuch (Götz von Bülow) oder in den städtischen Forstbetrieb Rottenburg (Alexander Köberle) auf, in den Lehr- und Forschungswald der HFR (Prof. Sebastian Hein) oder befassten sich mit der Entwicklung der Hochschule und der Zukunft des Forstberufs (Prof. Bastian Kaiser), mit forstrelevanten Fragen der energetischen Holznutzung (Prof. Harald Thorwarth) sowie der stofflichen Holzverwendung im Holzbau (Prof. Ludger Dederich) oder erhielten Einblick in die Aktivitäten und Ausrichtung der Professur für Wildökologie und Jagdwirtschaft (Prof. Thorsten Beimgraben).

Das große Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Angeboten unterstrich, dass sie sich aller Unsicherheiten und des teilweise hörbaren Haderns mit den jüngsten und den zu erwartenden organisatorischen Veränderungen zum Trotz, nach wie vor engagiert mit den fachlichen Perspektiven und Notwendigkeiten der Forstwirtschaft auseinandersetzen. So ist zumindest gesichert, dass die Standards der Forstwirtschaft im Land auch weiterhin hoch sein und von gut aus- und fortgebildeten Kolleginnen und Kollegen gesichert werden – unabhängig davon, in wessen Diensten sie stehen werden.

Nicht das Ende einer Ära…

Ulrich Kienzler ist Leitender Forstdirektor bei der Stadt Karlsruhe und damit für die Pflege und Bewirtschaftung stadt- und industrienaher Wälder in verantwortlicher Position zuständig. Deshalb sind ihm die Wahrung der Standards der Forstwirtschaft und die Interessen der Gesellschaft an den Wäldern ganz besonders wichtig, die über die der Holznutzung hinausgehen. Hierin liegt sein ganz besonderes Engagement im und für den Forstverein begründet. Nach mehreren Jahren als Mitglied im Vorstand des damaligen Präsidenten Anton Hammer wurde Ulrich Kienzler 2006 zu dessen Nachfolger gewählt. Daneben vertrat er den Landesverband in den bundesweiten Gremien des Forstvereins und war auch zeitweise Vorstandsmitglied im Landes- Naturschutzverband (LNV). Das Bemühen, der forstlichen Lobbyarbeit im Land, wo immer möglich und sinnvoll, mehr Gewicht und Gehör zu verschaffen, war kennzeichnend für seine Amtszeit. Die Gründung sowie die Aktivitäten der gemeinsamen „AG Wald“ mit dem Verein für Standortskunde, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und dem Bund Deutscher Forstleute sind sichtbare Zeichen für dessen Erfolg. Ulrich Kienzler bringt sich als Vizepräsident weiter in die Arbeit des Baden-Württembergischen Forstvereins ein.

Inge Hormel hat sich im Mai dieses Jahres nach zehn Jahren sehr erfolgreicher Arbeit als Geschäfts- und Kassenführerin entschieden, ihr Amt zu beenden. Mit unermüdlichem Engagement und Herzblut für den Forstverein hat Frau Hormel die Vereinsgeschäfte professionell erledigt. Dabei war sie immer eine kompetente Ansprechpartnerin für die Mitglieder des Vereins und hat sich sehr kreativ und engagiert in der AG Wald eingebracht. Der Vorstand konnte sich immer auf Ihre hervorragende, engagierte, kreative und zuverlässige Arbeit in den letzten Jahren verlassen. Viele Impulse der Professionalisierung der Geschäftsstelle, wie z. B. bei der Gestaltung von Flyern, Infobriefen, Jahresrundschreiben und Homepage, gehen auf ihren Einsatz zurück.

Stabwechsel im Vorstand und in der Geschäftsführung des Forstvereins BW…

Nach mehr als zehn Jahren übergibt Ulrich Kienzler den Stab des Präsidenten im Baden-Württembergischen Forstverein an Prof. Dr. Artur Petkau, Professor für Forstökonomie und Forstbetriebsmanagement an der HFR. Herr Petkau, selbst Absolvent der HFR, verfügte, bevor er 2009 dem Ruf der HFR folgte, bereits über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung im Großprivatwald, in forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen und in einem Staatsforstbetrieb. Er ist verheiratet und Vater dreier Kinder.

Fast zeitgleich erfolgte im Juni ein Wechsel der Geschäftsführung in der Landesgeschäftsstelle des Baden- Württembergischen Forstvereins von Inge Hormel zu Anne Klama. Frau Klama studierte Forstwissenschaften in Tharandt und Freising. Ihren Schwerpunkt legte sie auf forstpolitische Fragestellungen und war bereits während ihres Studiums als Beauftragte für Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit im Beirat des Sächsischen Forstvereins aktiv. Frau Klama ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Markgröningen, wo sie nun auch die Geschäftsstelle des Forstvereins betreibt.