Nachruf - Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Franz Schmithüsen
Veröffentlicht am: 20. April 2015
Die internationale Forstwirtschaft und Forstwissenschaft nehmen Abschied von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Franz Schmithüsen (*03.01.1940 † 14.04.2015).
Forstliche Vorprüfung an der Universität Freiburg im Jahr 1961. Abschluss des Studiums der Forstwissenschaften 1964. 1969 Große Forstliche Staatsprüfung in Baden-Württemberg. Bereits im Folgejahr Doktor der technischen Wissenschaften an der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETH). Ebenfalls 1970 Abschlussprüfung an der Berufspädagogischen Hochschule Stuttgart. 1975 Habilitation bei Prof. Gerhard Speidel in Freiburg.
1967 Forstreferendar. 1969 Forstassessor. 1971 Forstrat. 1972 Oberforstrat. 1978 bis 1981 Leiter des Forstamtes Geislingen/Württemberg, 1981 Forstdirektor und Personalreferent der Forstdirektion Stuttgart. 1984 Berufung zum ordentlichen Professor für Forstökonomie und Forstpolitik an der ETH und zeitgleich zum außerplanmäßigen Professor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Später folgten Ehrendoktorwürden der Universität Thessaloniki in Griechenland sowie der Universität Prag in der Tschechischen Republik.
Bei diesen Daten handelt es sich nicht im wörtlichen Sinne um „Stationen“ eines ungewöhnlichen Lebensweges, einer beeindruckenden Karriere und einer besonderen Persönlichkeit, weil Franz Schmithüsen an keiner dieser Etappen inne hielt und verweilte. Es handelt sich deshalb eher um Meilensteine eines bewegten Lebens, das nun in seinen letzten Weg eingemündet ist. Sie sind äußere Zeugnisse für die klare Zielsetzung und Entschlossenheit von Franz Schmithüsen, für seine berufliche und interkulturelle Neugier sowie für die Anerkennung seiner Leistungen. Mindestens ebenso wichtig und prägend für die in Titeln und Ämtern dokumentierte „Bilderbuchkarriere“ eines ausgezeichneten Forstmannes waren seine Familie mit Ehefrau Francoise (†) und Sohn Bernhard sowie seine Engagements im Ausland und die damit in Kauf genommenen vermeintlichen „Karrierebrüche“: Bereits als Forstassessor (1970) entschied er sich für eine mehrmonatige Beratertätigkeit für die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (FAO) in Rom. 1972 engagierte er sich im Auftrag der Weltbank an der Elfenbeinküste und von 1975 bis 1978 erneut bei der FAO in Rom. Selbst als er 1978 als Leiter des staatlichen Forstamtes Geislingen sein ursprüngliches Berufsziel erreicht hatte, zog es ihn 1980 in einen Einsatz nach Bolivien. Und auch als Leiter der Abteilung Personal und Organisation der Forstdirektion Stuttgart von 1981 bis zu seiner Berufung an die ETH 1984, war er in Einsätzen in Bangladesch und Peru. Diese Einsätze wurden stets von der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg unterstützt.
Auch als Professor und weit über seine Emeritierung hinaus blieb Franz Schmithüsen als Berater und Gutachter weltweit aktiv. Von seinen Gutachten, Empfehlungen und Publikationen gingen wichtige Impulse für die globale Forstwirtschaft aus. Dabei argumentierte er stets vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen als Forstpraktiker und seiner festen Überzeugung, dass der Schutz der Wälder mittel- und langfristig nur durch deren kluge Nutzung zu finanzieren und zu gewährleisten sei. Als Professor für Forstpolitik und Forstökonomie verband er wie kaum ein anderer die beiden Wissenschaftsdisziplinen zu einem sich ergänzenden Ganzen, bewegte sich damit ständig und geradezu leichtfüßig in den Grenzbereichen zwischen Grundlagenforschung und Politikberatung, zwischen regionaler Verankerung und internationalen Aktivitäten.
Kennzeichnend für seine Interpretation fast aller seiner beruflichen Tätigkeiten war sein unermüdlicher Einsatz für die Ausbildung zukünftiger Forstgenerationen. Dabei förderte er nicht, ohne auch Erhebliches von seinem Umfeld zu fordern. Gleichzeitig war er stets offen für dessen Anregungen, Meinungen und Impulse. Durch seine unerschöpfliche berufliche Neugier und seine eigene Begeisterung hat er auch andere begeistert. Ganz besonders jene, die das Privileg hatten, ihn näher kennen und erleben zu dürfen. Doch auch im großen Hörsaal führte Franz Schmithüsen keine Vorlesungen im wörtlichen Sinne durch: Er berichtete, erzählte, analysierte, dachte laut und entwickelte im Dialog mit den Studierenden Gedanken und Ideen, die nicht selten Ausgangspunkte neuer Projekte, Forschungsarbeiten und Publikationen wurden.
Solchen neuen Ideen gegenüber war er bis zuletzt stets offen: Erst 2014 erschien sein letztes großes Buch, das er mit jüngeren Kollegen aus Wissenschaft und Praxis gemeinsam geschrieben, aber maßgeblich persönlich vorangetrieben hat. Ganz typisch für ihn und sein Lebenswerk erschien es in englischer Sprache bei einem Londoner Verlag für einen internationalen Leserkreis. Ebenfalls typisch und in logischer Fortsetzung vieler anderer seiner Ausflüge in neue Fragestellungen geht dieses Buch weit über den Wald und die Waldwirtschaft hinaus.
Franz Schmithüsen suchte nicht den bequemen Weg, sondern entschied sich stets für die interessantere und aufregendere Variante. Und auch er selbst war für sein berufliches Umfeld nicht immer bequem: Er war ein Analyst mit scharfem Verstand, mehr dem Ziel und der Sache verpflichtet, als den Stimmungen und Erwartungen der Kollegen. Einer, der den Finger in die Wunde zu legen wusste, ohne dabei ungerecht zu sein.
Die Forstwirtschaft und die Forstwissenschaften im In- und Ausland verlieren mit Prof. Franz Schmithüsen eine große Persönlichkeit, einen Vordenker, Impulsgeber, Kritiker und Berater. Einen geschätzten Fachmann, Kollegen und Förderer jüngerer Forstleute, einen Menschen, der auch in schwierigen Fragen ermutigen und motivieren konnte.
Wir werden das Bild des liebenswerten, pfeiferauchenden und humorvollen Forstmanns in Erinnerung behalten, der sich um die heimische und globale Forst- und Waldwirtschaft verdient gemacht hat, sich immer der Tradition verpflichtet fühlte und sie vor allem als belastbare Basis für das Neue nutzte.
Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Prof. Dr. Dr. h.c. Bastian Kaiser, Rektor Forstpräsident a. D. Fritz-Eberhard Griesinger