Versuchsfläche mit Wild-Kirschen verbindet Wissenschaft und Praxis verschiedener Fachbereiche
Veröffentlicht am: 26. April 2018
„Typisch und doch ungewöhnlich zugleich“, so kommentierten die Studierenden das Projekt, in dem erfolgreich eine stillgelegte Erddeponie bei Ergenzingen (Lkrs. Tübingen) bewaldet wurde: „Es ging von Anfang an gleich sehr interdisziplinär und auch sehr konkret zur Sache.“
In Kooperation mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb und der Abteilung Forst des Landkreises Tübingen sollten Studierende des 4. Semesters B.Sc. Forstwirtschaft im Rahmen ihrer praktischen Waldbau-Ausbildung eine Versuchsfläche aus Wild-Kirschen anlegen. Vorausgegangen war eine umfassende Standortuntersuchung und Konzeption der Bepflanzung im Rahmen einer Bachelorarbeit (Stefan Schultis). Dabei waren sowohl die Eigentümerzielsetzungen als auch die Anforderungen des Naturschutzes zu berücksichtigen. Immerhin hatte sich im Laufe der Jahre ein kleiner Teil der Deponie zu einem Refugium für beispielsweise Eidechsen entwickelt und dies sollte auch bleiben: Wie findet man also einen Ausgleich für diese teils divergierenden Interessen?
Professor Sebastian Hein und Göran Spangenberg, die die Konzeption betreut und die Versuchsflächenanlage vorbereitet hatten, sind mit dem studentischen Lösungsvorschlag sehr zufrieden: „Diese Kooperation zwischen Forst, Abfallwirtschaft und Naturschutz ist nicht nur organisatorisch sondern auch inhaltlich geglückt! Zudem lernen unsere Studierende ganz praktisch, dass bei der Begründung von Waldbeständen ganz unterschiedliche Wünsche und Ansprüche berücksichtigt werden müssen. Die Studierenden haben daher Teile als Offenland ausgespart und einen „licht stehenden Wald“ begründet.“
Auch aus wissenschaftlicher Sicht hat die Versuchsfläche etwas zu bieten: Hier soll das Wachstum von vier verschiedenen Kirschen-Herkünften untersucht werden. Deshalb wurde die Fläche in 12 Teilflächen (Plots) eingeteilt, die nun im Frühjahr 2018 mit Wild-Kirschen begründet wurden. Als dienende Baumart wurden Hainbuchen dazwischen gepflanzt. Gegen Wildverbiss schützt ein Zaun. Inzwischen haben die allermeisten Vogelkirschen ihre Blätter ausgetrieben, die Hainbuchen werden in ihrer Entwicklung noch nachziehen. Bisher sind keine Ausfälle erkennbar.
In Zukunft wird die Fläche eine weitere Rolle in der Ausbildung zukünftiger Förster spielen. Falls die Konkurrenzvegetation (v.a. Disteln) die jungen Bäumchen in ihrem Wachstum hemmt, werden die Studierenden über die Kultursicherung mitentscheiden und gegebenenfalls mit dem Freischneider selbst durchführen. Nicht zuletzt wird sich auch die (eilige) Öffentlichkeit bald am neuen Wald erfreuen können: Wenn in wenigen Jahren die Wild-Kirschen erstmals blühen, wird die Versuchsfläche als weiße Wolke von der Autobahn A81 aus gut sichtbar sein.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Sebastian Hein und Göran Spangenberg