Den Bananenfaltern auf der Spur - Forschungsreise nach Costa Rica
Veröffentlicht am: 06. März 2024
Radio-Telemetrie wird in der Wildtierökologie seit Jahrzehnten zur Überwachung von Tierbewegungen eingesetzt. Dazu hat man insbesondere große Tiere wie Säuger und Vögel mit Sendern versehen, die ein Signal aussenden, das dann in Echtzeit empfangen und gepeilt werden kann. Ein limitierender Faktor bei der Besenderung von Tieren ist das Gewicht der Sender. Für Wirbeltiere gilt bisher die Regel, dass die Sender nicht mehr als 5 % des Körpergewichts eines Tieres ausmachen sollen. Legt man diese Regel zugrunde, erscheint die Besenderung sehr kleiner Tiere wie z.B. Tagfaltern aussichtslos. Die Entwicklung der letzten Jahre brachte jedoch immer kleinere und leichtere Sender hervor, darunter auch ein 0,13 g leichter Minisender, mit dem das Team von Prof. Dr. Thomas Gottschalk bereits erfolgreich einige heimische Schmetterlingsarten telemetriert hat. Unter anderem gelang die Verfolgung eines Schwalbenschwanzes über mehrere Tage und einer nachgewiesenen Flugdistanz von über 9 km. Da 0,13 g jedoch im Bereich von etwa einem Drittel des Körpergewichts großer mitteleuropäischer Tagfalterarten liegen war es notwendig die Methode an großen tropischen Tagfalterarten zu erproben, deren Gewicht bis über 2 g erreichen kann.
Zu diesem Zweck sind Prof. Dr. Gottschalk gemeinsam mit zwei seiner Doktoranden, Heiko Hinneberg und Simon Heitzler, sowie David Kunze als studentischer Hilfskraft nach Costa Rica geflogen. Begleitet und unterstützt wurden Sie von Katharina Schreiber, die außerdem für ihr Projekt eine Untersuchung zum Einfluss der Artenvielfalt Costa Ricas auf das menschliche Wohlbefinden durchführte. Hierbei wurden zum einen Umfragebögen mit QR Code an verschiedenen Orten in Costa Rica aufgehängt und zum anderen direkt vor Ort Umfragen bei Touristen und Einheimischen durchgeführt. In Costa Rica stand dem Team mit Prof. Ricardo Murillo ein ausgezeichneter Schmetterlingskenner und Professor der Universidad de Costa Rica zur Seite. Neben der Radio-Telemetrie wurde eine Fang-Wiederfang-Studie an Schmetterlingen der Gattung Caligo durchgeführt, um deren Ökologie besser zu verstehen. Als Hauptuntersuchungsgebiet der Reise wurde die Biological Field Station El Zota ausgewählt, die sich weit abseits touristischer Attraktionen, inmitten eines großen Waldgebiets im Nordosten Costa Ricas befindet.
Caligos gehören zu den Bananenfaltern und sind überwiegend dämmerungsaktiv. Dementsprechend intensiv gestaltete sich die Feldarbeit: Der Wecker klingelte bereits um 5 Uhr, und die ersten Falter wurden gegen 5:25 Uhr für die Fang-Wiederfang-Untersuchung markiert. Abends dauerte die Flugzeit bis etwa 18:40 Uhr an, wenn es bereits völlig finster war. Dazwischen wurden besenderte Tiere verschiedener Tagfalterarten mit den Radio-Telemetrie-Antennen durch den feuchten und dichten Dschungel verfolgt und ausfindig gemacht, sowie andere Exemplare gefangen, gewogen und vermessen, um sie dann wieder in die Freiheit zu entlassen. Erstaunlicherweise ließen sich die Caligos auch durch relativ starke Regenfälle nicht von ihrem Dämmerungsflug abhalten – eine Situation, wie sie in Mitteleuropa unvorstellbar wäre. Die Ergebnisse sind äußerst vielversprechend, so gelang u.a. die Verfolgung eines Individuums über sechs Tage hinweg, bis es schließlich einer Spinne, vermutlich der Gattung Nephila, zum Opfer fiel. Diese Spinnen sind dafür bekannt, in ihren Netzen selbst kleine Vögel zu fangen.