Windelschnecken, Eremiten und das Grüne Besenmoos
Veröffentlicht am: 26. Januar 2022
Wälder und ihre Lebensgemeinschaften sind das unersetzliche Gerüst des europaweiten Schutzgebietsnetzwerkes NATURA 2000. Die Vorschriften zur Erhaltung und Weiterentwicklung der NATURA 2000-Gebiete haben für das Management von Wäldern eine immense Bedeutung gewonnen. Die Vermittlung des Wissens über die Schutzgüter und Schutzkonzepte von NATURA 2000, über Chancen und Restriktionen, die es für das Management von Waldökosysteme mit sich bringt, kann nicht nur im Hörsaal stattfinden. Nach einer Corona-bedingten Pause im Jahr 2020 konnten jetzt wieder praktische Anschauungsbeispiele im FFH- und Vogelschutzgebiet Schönbuch vorgestellt und diskutiert werden. Götz Graf von Bülow, der Leiter des Forstbezirks Schönbuch von ForstBW, führte den Forst-Studierenden plastisch vor Augen, welche Schätze der Biodiversität der Schönbuch beherbergt, was aber auch von Forstleuten gefordert wird, um diese Schätze in engem Zusammenspiel mit den Naturschutzbehörden, dem ehrenamtlichen Naturschutz und vielen anderen Akteuren zu bewahren.
Auf den feuchten Talwiesen am Goldersbach kümmert sich der Forstbezirk Schönbuch in Kooperation mit einem Landwirt und dessen gefräßigen Hochlandrindern um die Erhaltung des Habitats der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke. Beide Kleinschnecken sind in Anhang II der FFH-Richtlinie gelistet. Das Vorkommen des Eremiten, eines in Anhang II und IV aufgeführten totholzbewohnenden Käfers, kann nur gesichert werden, wenn die Waldbewirtschafter vorausschauend über Jahrzehnte an den nachhaltigen Nachwuchs an alten, kränkelnden Eichen als Lebensraum für den flugfaulen Käfer achten. Und auch in Buchenwäldern ist Steuerung der Nachhaltigkeit durch Förster*innen heute nicht nur auf Holzvorräte, Zuwächse und Erntemengen gerichtet; vielmehr schauen sie gleichrangig auf die Schaffung günstiger Habitatstrukturen für Fledermäuse oder auf starke Altbuchen als Lebensstätte des Grünen Besenmooses.
Die Botschaft dieser Exkursion: Naturschutz kann auch viel Spaß machen, verlangt jedoch Teamarbeit mit anderen Experten und findet stets im Blick einer interessierten, kritischen Öffentlichkeit statt.