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Blick ins Nachbarland: Innovative Waldbewirtschaftung in Baden (CH)

Veröffentlicht am: 16. Mai 2022

Studierende stehen auf einer Freifläche im Wald. Auf der Fläche stehen Wuchshüllen.

Fotos: Anton Lehmkuhl

Drei Stunden Anfahrt, um sich einen kleinen Forstbetrieb in der Nähe von Zürich anzuschauen? „Lohnt sich“, stellten zehn Masterstudentinnen und -studenten der Forstwirtschaft am 25. April 2022 fest, denn der Stadtwald der Ortsbürgergemeinde Baden (CH) hat es in sich. Der Stadtoberförster Georg von Graefe nahm sich einen Tag lang Zeit, um das Badener Modell einer besonderen multifunktionalen Waldbewirtschaftung vorzustellen.

Ziel in Baden ist es, die Wirkungen des Stadtwaldes für Umwelt-, Wirtschafts- und Lebensverhältnisse der Bevölkerung in eine optimale Kombination zu bringen. Dafür werden alle Leistungen des Waldes in Produkten dargestellt, die wiederum in sechs Produktegruppen wie Holzproduktion, Finanzen oder Dienstleistungen zusammengefasst sind. Ein Produkt aus der Gruppe „Naturschutz“ – ein beeindruckendes Baumdenkmal – war der erste Exkursionspunkt. Georg von Graefe erklärte der Gruppe aus Rottenburg, warum das Denken in Produkten überhaupt sinnvoll ist: Es verdeutlicht, dass es sich um Wirtschaftsobjekte handelt, die einen Umsatz ermöglichen. Produkte, die vor allem Kosten verursachen, werden im Stadtwald Baden auf innovative Weise finanziert. Als Beispiel erläuterte Herr von Graefe, was „Ökosponsoring“ ist. Um Projekte zur Förderung von Naturschutz- oder Erholungsfunktion zu finanzieren, geht das Stadtforstamt Kooperationen mit lokalen Unternehmen ein. Genau wie beim Sport- oder Kultursponsoring erhält das Unternehmen im Gegenzug Werbewirksamkeit oder zum Beispiel organisierte Events im Stadtwald zur Förderung der Unternehmenskultur. Zum Schmunzeln brachte der Stadtoberförster die Studierenden mit der gewitzten Idee, Apotheken für die Finanzierung der Ansiedlung von seltenen Lungenflechten zu gewinnen. Natürlich wurde aber auch diskutiert, ob Greenwashing mit im Spiel ist.

Nachdem im Nieselregen ein kleiner Eibenwald besichtigt wurde, ging es zum Mittagessen in eine gemütliche Waldhütte. Georg von Graefe beantwortete viele Fragen und ging auf weitere interessante Aspekte der Waldbewirtschaftung in Baden ein. Ein Erfolgsfaktor ist der große Rückhalt und die aufgeschlossene Haltung der Bevölkerung in Waldnaturschutzfragen. Transparenz und Kommunikation von Seiten des Forstamtes spielen dafür eine wichtige Rolle. Für vorbildliche Waldbewirtschaftung wurde das Stadtforstamt auch schon mit einem Preis ausgezeichnet.

Zum Abschluss führte Georg von Graefe die Gruppe in den Teufelskeller, ein Naturwaldreservat, in dem die Forstwirtschaft vollständig ruht. Dem Teufel, der in einer vom Stadtoberförster erzählten Sage zwar Erwähnung fand, begegneten die Studierenden nicht – dafür aber dem Hirschzungenfarn und zahlreichen anderen naturschutzfachlichen und geologischen Seltenheiten. Voll neuer Eindrücke ging es anschließend wieder zurück nach Rottenburg. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedanken sich herzlich bei Professor Petkau für die Organisation und bei Herrn von Graefe für die Einladung in die Schweiz und die spannende Exkursion.