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Nachhaltige Waldbewirtschaftung leistet einen größeren Beitrag zum Klimaschutz als Waldwildnis - 6. Stelle der weltweiten Downloads von GCBB

Veröffentlicht am: 12. Januar 2021

Naturnah bewirtschafteter Buchenwald auf der Schwäbischen Alb

Im Januar 2020 wurde in der Zeitschrift Global Change Biologie-Bioenergy (GCBB) ein Aufsatz publiziert, der international starke Beachtung findet, der Aufsatz steht an 6. Stelle der Downloads von GCBB weltweit im Jahr 2020.

Schulze, E.D. ; Sierra, C. ; Egenolf, V. ; Woerdehoff, R. ; Irslinger, R. ; Baldamus, C. ; Stupak, I. ; Spellmann, H. 2020: The climate change mitigation effect of bioenergy from sustainably managed forests in Central Europe. Global Change Biology-Bioenergy. Link zum Aufsatz

Einer der Co-Autoren ist Prof. a.D. Roland Irslinger, der bis 2014 die Professur Ökologie an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg vertrat. Seither forscht er zum Thema „Klimaschutz durch Wald“.

Global Change Biology-Bioenergy (GCBB) ist eine begutachtete wissenschaftliche Fachzeitschrift, die von dem US-amerikanischen Verlag Wiley, herausgegeben wird und Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels publiziert. Die Zeitschrift mit einem hohen Impact-Faktor liegt auf den vorderen Rängen der Kategorien Umweltwissenschaften, Ökologie und Schutz der Biodiversität. Der Hauptautor des Artikels, Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze, ist einer der führenden Ökosystem-Forscher in Deutschland und international anerkannt, er war Gründungs-Direktor des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena und ist Mitglied der Leopoldina und der American Academy of Arts and Sciences. Die Co-Autoren stammen aus dem Bereich der Forstwissenschaften, dem Center for Environmental Systems Research der Universität Kassel und aus dem Department of Geosciences and Natural Resource Management der Universität Kopenhagen.

Der Wald erfüllt viele Funktionen: Wald ist Rohstoff- und Energielieferant, Lebens- und Erholungsraum und Klimaregulator. Das Wissenschaftlerteam untersuchte, wie sich nachhaltig bewirtschaftete und unbewirtschaftete Wälder der gemäßigten Klimazone im Hinblick auf ihre Klimabilanz unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen, dass nachhaltige Wirtschaftswälder das Klima besser schützen als Waldwildnis. Ihr wichtigster Beitrag ist das Ersetzen fossiler Brennstoffe durch energetische Nutzung von Holz.

Wälder entziehen der Atmosphäre über die Photosynthese das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) zum Aufbau von Biomasse, geben aber durch Atmung und bei der Zersetzung der Biomasse auch wieder CO2 ab. Bei den unbewirtschafteten Wäldern unserer gemäßigten Klimazonen halten sich diese beiden Prozesse in etwa die Waage. Die durch Atmung und Zersetzung freigesetzte CO2-Menge entspricht etwa derjenigen, die zum Biomasse-Aufbau durch Photosynthese gebunden wird.

Im Gegensatz dazu wird in nachhaltig bewirtschafteten Wäldern mehr CO2 gebunden. Hier ist der Holzzuwachs höher als bei Nicht-Bewirtschaftung, da die Bestandsdichte gesteuert wird. Im Wald bleiben die Holzvorräte konstant, aber der Zuwachs wird zur Nutzung entnommen. Er dient der Bereitstellung von Brennholz sowie von kurzlebigen und langlebigen Produkten, vom Toilettenpapier bis hin zum Bauholz. Holzprodukte haben bei ihrer Herstellung einen CO2-einsparenden Effekt, doch auch sie haben eine begrenzte Lebenszeit. Dadurch und wenn Holz direkt oder nach seiner Nutzung energetisch verwendet wird, entfaltet sich die dauerhafte Klimawirksamkeit. Nur dann werden fossile Brennstoffe ersetzt. 

Die Klimabilanz bewirtschafteter Wälder war bisher unvollständig, da die nationalen Holzbilanzen unterschätzen, wie viel Holz als Energieträger verbraucht wird. So wurde vor allem die Brennholznutzung im ländlichen Raum und für die im Kleinbesitz befindlichen Wälder nur unzureichend erfasst. Die nachhaltige Holzernte in einem Wirtschaftswald ersetzt pro Hektar und Jahr etwa 900 Liter Heizöl oder erzeugt 7,4 Megawattstunden Elektrizität und Wärme. Dies entspricht etwa 3,5 Tonnen CO2, die als Emissionen fossilen Ursprungs eingespart werden.  Die eingesparten CO2-Emissionen machen sogar das Zehnfache dessen aus, was über den Aufbau an Holzvorräten im Naturschutzwald gebunden wird. „Die vollständige Herausnahme von Wäldern aus der Bewirtschaftung schmälert daher deutlich deren Beitrag zum Klimaschutz“, folgert Professor Schulze vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.

Aktuell erhalten Waldbesitzer keine Anerkennung für die Klimaleistung ihrer Wirtschaftswälder. Im Gegenteil, die Holzernte wird als Emission gerechnet, obgleich das an die Haushalte oder an die Industrie gelieferte feste Holz erst bei der späteren Zersetzung oder beim Verbrennen sein CO2 freisetzt. “Wir schlagen vor, dass die CO2-Steuer auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe dazu eingesetzt werden sollte, die nachhaltige Erzeugung von Holz zu unterstützen, um somit einen größtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz zu erreichen“, so das Resümee von Prof. Schulze.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze
Email: dschulze@bgc-jena.mpg.de
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