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Landnutzungsveränderung führt zu Verlust an Biodiversität

Veröffentlicht am: 29. September 2021

Studierende des Studiengangs Nachhaltiges Regionalmanagement analysieren die Veränderung der Landnutzung in Tübingen

Blick auf ehemalige Weinbergflächen, von denen nur noch wenige offen gehalten werden

Die vier Studierenden Raffaela-Maria Karch, Hai Luong, Nina Rombach und Alexander Willig des Studiengangs Nachhaltiges Regionalmanagement der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg analysieren die Veränderung der Landnutzung zwischen Tübingen-Weststadt und Unterjesingen. Sie untersuchen eine Fläche von 637 ha zwischen Enzbach im Westen und Steinenberg im Osten. Hierbei nutzen sie Topographische Karten aus drei Zeiträumen (1898, 1937/38 und 2017/18). Die Veränderungen der Landnutzung sind vielfältig, vor allem seit 1937 ist ein umfassender Landnutzungswandel zu verzeichnen. Besonders auffällig ist die Zunahme an Wald und an gehölzbestandener Fläche um 58% (113 ha auf 179 ha). Die Weinanbau- und Ackerflächen haben sich zum gleichen Zeitraum um 76% verringert. Eine starke Zunahme in diesem Bereich gibt es auch an Siedlungsflächen, die bis 1937 nur wenige ha ausmachten, jetzt aber über 100 ha Fläche einnehmen. Auch innerhalb des Waldes haben sich Veränderungen ergeben, die Fläche an lichtreichem Mittelwald, die sich 1898 noch auf über 100 ha belief, ist komplett verschwunden. Beim Mittelwald wurden in großen Abständen Eichen als Oberhölzer zur Gewinnung von Bau- oder Möbelholz belassen, die Unterhölzer wurden alle 20–25 Jahre auf den Stock gesetzt und dienten u.a. zur Gewinnung von Brennholz und Gerbsäure.

Diese Veränderungen sind mit einem dramatischen Verlust an Biodiversität in Verbindung zu bringen. Das Zuwachsen ehemaliger Weinbauflächen oder die Bebauung dieser Flächen ist in Tübingen der Biodiversitätskiller Nummer 1, so Prof. Gottschalk, der Initiator des Projektes. Ähnlich wie am Spitzberg wächst die Landschaft in Tübingen in vielen Bereichen zu. Wärmeliebende Arten, die auf offene Magerrasen mit Trockenmauern angewiesen sind, finden immer weniger geeignete Lebensräume und sind zunehmend auf der Roten Liste zu finden. Dies gilt z.B. für Baumpieper, Schlingnatter, Zauneidechse, Himmelblauer Bläuling, Kleiner Schlehenzipfelfalter oder Heidegrashüpfer. Von den inzwischen dicht mit Gehölzen bestandenen Flächen profitieren dagegen die Wildschweine, die hier geeignete stadtnahe Tageseinstände finden.

Neben dem Verlust an Biodiversität verliert die Landschaft an Reiz, da viele Ausblicke zuwachsen und interessante Sichtbeziehungen verloren gehen. Daher sollte sowohl aus touristischen Erwägungen, als auch aus naturschutzfachlichen Gründen, die Wiederöffnung der ehemaligen offenen Weinbergslandschaft von Seiten der Stadt und des Landkreises stärker gefördert werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Thomas Gottschalk (gottschalk@dont-want-spam.hs-rottenburg.de )
Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg
Tel: 0170.9553770