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Bericht der Nachhaltigkeitssafari des Pioniergartens am 16.10.2021

Veröffentlicht am: 25. Oktober 2021

Am 16. Oktober 2021 war es soweit: Die erste Nachhaltigkeitssafari des Pioniergartens fand erfolgreich statt. 12 interessierte Studierende der Hochschulen Reutlingen und Rottenburg fanden sich am frühen Morgen am Schadenweilerhof ein, um gemeinsam drei verschiedene Unternehmen und Institutionen in der Region zu besuchen und deren Tun im Bereich Nachhaltigkeit unter die Lupe zu nehmen.

Logo: Pioniergarten - Das Gründungsnetzwerk

Das erste Unternehmen war die Firma Bitzer Kühlmaschinentechnik in Rottenburg-Ergenzingen. Der Werksleiter Kai Schuppler empfing die Gruppe zusammen mit Hansjörg Olbrich, dem Verantwortlichen für Umwelt, Sicherheit und Brandschutz und stellte das Unternehmen vor. Neben allgemeinen Daten und Fakten zeigten die beiden anhand von anschaulichen Beispielen aus dem Arbeits- und Unternehmensalltag von Bitzer, wie die drei Nachhaltigkeitsdimensionen konkret umgesetzt werden. So setzt die Firma beispielsweise auf einen motivierenden, zielsetzenden Führungsstil, der den Mitarbeitenden die Verantwortung überträgt. Gleichwohl werden einige Nachhaltigkeitsthemen im Rahmen der Schauffler Foundation, der Stiftung der Firma Bitzer, angegangen. Bereits seit 1997 ist das Unternehmen EMAS zertifiziert. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2045 klimaneutral zu sein, wird motiviert seit 2015 mit einem Stufenplan angegangen und man konnte schon in diesen ersten 6 Jahren beachtliche CO²-Einsparungen erzielen. Schon jetzt besteht eine Stromautarkie am Standort Ergenzingen von rund 65 Prozent. Diese ist hauptsächlich der großen PV-Anlage auf dem Dach zu verdanken. Dennoch betont Schuppler, dass man gerade bei der Zielerreichung der Klimaneutralität auch von politischen Entscheidungen abhängig ist.
Wichtig zu erwähnen ist trotz allem, dass Kühlmaschinen bzw. die dafür benötigten Kühlmittel per se nicht nachhaltig sind, jedoch war die Firma Bitzer ein Pionier in diesem Bereich, da sie als erstes Unternehmen auf die Gesetzänderung des Verbots von ozonschädlichen Stoffen (in diesem Fall das Kühlmittel R22) der Bundesregierung in den 60er Jahren reagiert hat. Es wurde und wird viel in Forschung und Entwicklung sowie neue Technologien investiert. „Fehler sind Schätze und sollen als Potenzial gesehen werden, etwas besser zu machen.“, so Kai Schuppler am Ende des Inputs. Mit dieser Erkenntnis brach die Gruppe zur nächsten Station auf.

Die zweite Station, das Umweltbildungszentrum Listhof in Reutlingen, entstand auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz und heutigen Naturschutzgebiet und ist Teil des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. Dies konnten die Studierenden im Rahmen einer Führung durch Ilona Schrimpf, Umweltbildungsreferentin am Listhof, kennenlernen. Das Umweltbildungszentrum hat, mit seinem kommunalen und öffentlichen Auftrag Umweltbildung zu betreiben, eine klar ökologisch nachhaltige Ausrichtung. Das legt die Frage nahe, wie es mit der ökonomischen Nachhaltigkeit aussieht. Durch die Organisationsform als gemeinnütziger Verein, kann bzw. darf der Listhof quasi keine Gewinne erwirtschaften. Dennoch ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit ein wichtiges Ziel. Andere Umweltbildungszentren werden häufig zu 100 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert. Im Fall des Listhofs trägt 50 Prozent der Kosten die Stadt Reutlingen. Die andere Hälfte erwirtschaftet der Listhof durch unter anderem vielfältige Umweltbildungsangebote, Beherbergungen, Naturferien und Naturgeburtstage. Hinzu kommen Landschaftspflegemaßnehmen, Spenden, Fördergelder und Sponsoren. Nichtsdestotrotz sei das Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Bildungsauftrag nicht ganz einfach zu überwinden, so Ilona Schrimpf. Auch die Frage, wie der Umweltbildungsgedanke in Unternehmen und große Institutionen, wie zum Beispiel Hochschulen, getragen werden kann, ist noch offen. „Kommunikation ist eine wichtige Stellschraube für die Verbesserung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Gesellschaft.“ Diese Anmerkung von Frau Schrimpf wurde nach der Führung übers Gelände in einem anschließenden Austausch als Selbstläufer umgesetzt und die Reutlinger Studierenden brachten Ideen hervor, wie eine Kooperation mit ihrer Hochschule und dem Listhof im Rahmen von Projekten und konkreten Maßnahmen aussehen könnte.

Als letztes fuhr die Gruppe zum Hofgut Hopfenburg, einer großen Ferienanlage oberhalb der Stadt Münsingen auf der Schwäbischen Alb. Hier ist Urlaub der besonderen Art möglich. Nach dem Motto „Nomaden in der Welt“, kann hier in unterschiedlichen Unterkünften geschlafen werden. Vom Zirkuswagen, über die kirgisische Jurte bis hin zum Safari-Zelt ist alles dabei. Der Geschäftsführer Herr Hartmaier, führte die Studierenden über das Gelände und gab Einblicke in das tägliche Tun. Neben ökologisch nachhaltigem Handeln (dazu zählt unter anderem eine regionale und bio-zertifizierte Verköstigung der Gäste sowie eine nachhaltige Bauweise der Gebäude), spielt die soziale Nachhaltigkeit eine grundlegende Rolle. Durch die Kooperation mit dem Samariterstift ist eine inklusive Ausbildung und Beschäftigung von aktuell 9 Mitarbeitenden möglich, die keinen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt haben. Trotz allem war der Start des Hofguts Hopfenburg eher holprig. Eine erfolgreiche Gründung konnte nur durch „Finanzspritzen“ des Geschäftsführers gelingen, der damit Gründer „Widerwillen“ wurde. Denn eigentlich hatte sich Herr Hartmaier ursprünglich nur als Ideengeber für ein nachhaltiges, sanftes Tourismusangebot im Biosphärengebiet Schwäbische Alb gesehen und auf einen Investor gesetzt, der dies umsetzen wollte. Umso spannender war es für die gründungsinteressierten Studierenden zu hören, dass die Geschäftsidee bei der Stadt Münsingen so gut ankam, dass man ihm nahelegte das Geschäftsmodell doch selbst umzusetzen. Um das Unternehmen wirklich finanziell tragfähig zu gestalten, bedurfte es weiterer Einkommensquellen, die mittlerweile durch Catering und Raumbuchungen für große Veranstaltungen und Feiern in der Festscheune und den Seminarräumen der Hopfenburg abgedeckt werden. Zusammen mit einem Investorenmodell in die besonderen Übernachtungsunterkünfte tragen diese Einnahmequellen maßgeblich zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens bei. Am Ende bleibt die Frage nach einem passenden Nachfolger/ einer passenden Nachfolgerin offen, welche die Arbeit von Herrn Hartmaier fortführen möchte.

Nicht nur beim gemeinsamen Abschlussgrillen am frühen Abend wurde fleißig genetzwerkt. Während des gesamten Tages tauschten sich die Studierenden über ihren Background aus und stellten den Referierenden der Unternehmen viele kritische, aber auch inspirierende Fragen.

Ein großer Dank geht an dieser Stelle an Herrn Schuppler, Herrn Olbrich, Frau Schrimpf, Herrn Schell und Herrn Hartmaier, die die Studierenden sehr offen empfangen und engagiert betreut und informiert haben!
Eine fortlaufende Kooperation zwischen dem Gründungsnetzwerk Pioniergarten und den besuchten Institutionen ist sehr wünschenswert.