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Bastian Kaiser gibt den Vorsitz ab

Veröffentlicht am: 12. Juli 2021

Logo: HAW - Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg

Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) wurden vor 50 Jahren als Fachhochschulen gegründet. Gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer feiern sie dieses runde Jubiläum im Rahmen eines Festaktes am 16. Juli 2021 an der Hochschule in Aalen. Im Rahmen der Klausurtagung der HAW-Rektorenkonferenz, die unmittelbar vor dem Festakt stattfinden wird, tritt der Rektor der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR), Prof. Bastian Kaiser, nach acht Jahren nicht mehr zur Wahl des Vorsitzenden an.

Als Bastian Kaiser 2013 von den insgesamt 24 HAW-Rektorinnen und –rektoren zum Vorsitzenden der Rektorenkonferenz (RKH) gewählt wurde, kam er nicht unvorbereitet in dieses Amt. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits über 12 Jahre Rektor an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR) und gehörte schon sechs Jahre dem vierköpfigen Vorstand der RKH an. Dennoch markierte seine Wahl in mehrfacher Hinsicht einen Wechsel: vor ihm hatten stets Rektoren größerer und großer Fachhochschulen die ehrenamtliche Aufgabe als Konferenzvorsitzender übernommen und die gemeinsamen Interessen dieser Hochschulart auf Bundes- und Landesebene in Politik und Gesellschaft vertreten. Mit ihm kam der Rektor der damals zweitkleinsten staatlichen Hochschule ins Amt. Eine Voraussetzung dafür war, dass er sich für die Wahrnehmung der vielfältigen Aufgaben nicht wie seine Vorgänger alleine auf die organisatorische Unterstützung seiner eigenen Hochschule stützen musste, sondern die 21 staatlichen Mitgliedshochschulen mit den drei Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft einen gemeinsamen Verein (HAW BW e.V.) gegründet und eine Geschäftsstelle in der Landeshauptstadt eröffnet hatten. Ohne deren hauptberufliche Arbeit wäre es Bastian Kaiser damals sonst nicht möglich gewesen – und wäre es angesichts der dynamisch gestiegenen Aufgabenfülle inzwischen keiner/m Rektor*in mehr möglich -, diese Verantwortung im Rahmen eines Ehrenamtes zusätzlich zum eigenen Rektorat zu übernehmen.

„Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer inzwischen sehr professionell arbeitenden Geschäftsstelle hätte ich das Amt des Vorsitzenden nicht annährend so interpretieren und ausfüllen können, wie es mein Anspruch war“, betont Bastian Kaiser, „aber ohne die Rückendeckung meiner Kolleginnen und Kollegen an der eigenen Hochschule – vor allem der Rektoratskollegen in Rottenburg - wäre es trotzdem nicht gegangen. Die haben mir den Rücken immer freigehalten. Dafür bin ich sehr dankbar.“

In die achtjährige Amtszeit von Bastian Kaiser als politischer Sprecher der HAW im Land fielen neben dem Aufbau der Geschäftsstelle mehrere Novellierungen des Landeshochschulgesetzes, die Verhandlungen zum Hochschulfinanzierungsvertrag (2016) und zur Hochschulfinanzierungsvereinbarung (2020), die Gründung und Entwicklung einer bundesweit beispielgebenden Verbundstruktur für die forschungsstärksten HAW-Professorinnen und –professoren (BW CAR) und alleine auf Landesebene schon 50 Rektor*innen-Konferenzen. Hinzu kamen zahllose Sitzungs- und Verhandlungstermine in diversen Arbeitsgruppen der HAW und mit der Landesregierung sowie die Verpflichtungen als Landessprecher auf der Bundesebene der Hochschulrektor*innenkonferenz (HRK). Außerdem hat Prof. Kaiser mehrere Mitglieder der Landesregierung auf Delegationsreisen in andere Länder begleitet. Alleine mit Ministerpräsident Kretschmann war er sechs Mal unterwegs und hat dabei neun Länder besucht.

„Das Amt des Vorsitzenden der HAW-Rektorenkonferenz ist gleichermaßen fordernd wie herausfordernd. Ich habe es aber auch immer als ein Privileg empfunden, dass es mir Erfahrungen, Einblicke und Erlebnisse eröffnet hat, die ich sonst nicht gehabt hätte“, betont Bastian Kaiser. „Dazu zählt auch die enge Zusammenarbeit mit den anderen Rektorinnen und Rektoren und die mit allen anderen Hochschularten. Ganz besonders wertvoll war die Zusammenarbeit mit den Vorstandskollegen.“

Als besonders belastend empfand Bastian Kaiser die eine oder andere Schlagzeile und Auseinandersetzung, die mit der Umsetzung der leistungsorientierten Bezahlung für die Professorinnen und Professoren einherging. Zwar war die HFR davon nicht unmittelbar betroffen, doch habe er sich zumindest bemüht, die teilweise unangemessen, sehr persönlich und zu Unrecht kritisierten Kolleginnen und Kollegen in ihrem Umgang mit den belastenden Ereignissen zu unterstützen. Es habe ihn nicht nur geärgert, sondern auch persönlich berührt, dass da gelegentlich ein Bild von den Rektorinnen und Rektoren, von deren Amtsverständnis und auch ein Bild von den Professorinnen und Professoren im Allgemeinen gezeichnet worden sei, das ihnen nicht gerecht wurde, persönlich belastend und sehr verletzend war.

Zu den wichtigsten Erfolgen während seiner vier Amtszeiten zählt Bastian Kaiser die deutlich veränderte Wahrnehmung der HAW in der Politik, in der Gesellschaft, der Wirtschaft und vor allem bei den jungen Leuten sowie die Aufnahme des neuen § 76 (Weiterentwicklungsklausel) ins Landeshochschulgesetz (2014). Dieser erlaubt es der Landesregierung (eigentlich), einem geeigneten Zusammenschluss der HAW ein eigenes, qualitätsgesichertes Promotionsrecht zuzuerkennen. Mit dem BW CAR haben die HAW in einer engen Kooperation schon sehr früh und sehr konsequent alle dafür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen. Dafür wurden sie oft gelobt und darin von den Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern kopiert, die auf dieser Basis inzwischen zum Teil ein Promotionsrecht bekommen haben.

Es überrascht deshalb nicht, dass dieser Erfolg zugleich der Nährboden für die größte Enttäuschung des scheidenden Vorsitzenden ist: Die HAW In Baden-Württemberg warten noch immer darauf, dass die LHG-Klausel endlich genutzt wird. Andere Länder haben den Vorsprung Baden-Württembergs nicht nur aufgeholt, sondern die einstigen Vordenker und Pioniere längst überholt. Das müsse, so Bastian Kaiser, im Interesse des Innovations- und Hochschulstandortes Baden-Württemberg, dringend korrigiert werden.

Der RKH-Vorstand wird von den Rektorinnen und Rektoren immer für eine zweijährige Amtszeit gewählt. Die letzte Amtsperiode als Vorsitzender war – wie so vieles in unserer Gesellschaft – von der Corona-Pandemie geprägt. Bei allem Leid, das dieses Virus über die Welt gebracht habe und obwohl er es für die Studierenden und die Lehrenden sehr bedauert, dass Studieren in diesen herausfordernden Jahren nicht dasselbe war wie in anderen Zeiten, konnte Bastian Kaiser der Lage doch auch etwas Positives abgewinnen: Es sei beeindruckend gewesen, wie schnell und engagiert die Hochschulleitungen, die Professorinnen und Professoren und alle Mitarbeitenden reagiert haben, um den Studierenden ein zwar anderes, aber doch hochwertiges Studieren zu ermöglichen. Es sei ohnehin nicht „typisch HAW“, darauf zu warten, bis irgendjemand sagt, was man tun solle, findet Bastian Kaiser. Dennoch habe ihn beeindruckt, wie pragmatisch und zielorientiert die HAW auch mit den vielen Hinweisen umgegangen seien, was man (angeblich) alles nicht tun soll und darf. Hätten sie auf Dritte gewartet, auf jeden Unkenruf gehört und sich auf Zusagen anderer verlassen, wären die Hochschulen seit März 2020 vorübergehend geschlossen. Für ihn habe die Pandemie deshalb auch zu einer Art „beschleunigter Leistungsschau der HAW“ geführt und ihre positive Wahrnehmung in der Gesellschaft noch einmal gestärkt.

Im Rahmen der anstehenden Klausurtagung am 15. und 16. Juli in Aalen wird die RKH eine oder einen neuen Vorsitzende(n) wählen, der oder die der Konferenz dann einen Wahlvorschlag für den vierköpfigen Vorstand machen wird. Der neue Vorstand wird vermutlich einige Initiativen und Prozesse seiner Vorgänger aufnehmen und fortsetzen – und wird andere neu starten. Als Rektor bleibt Bastian Kaiser Mitglied der Konferenz und ganz nah dran an den weiteren Entwicklungen. Er freut sich über die Bereitschaft seiner Kolleginnen und Kollegen, die sich um Vorsitz und Vorstand bewerben und so in den kommenden Jahren die Verantwortung übernehmen wollen. Das bietet ihm mehr Raum, Zeit und Möglichkeiten, sich wieder stärker in die inhaltlichen Arbeiten und Aktivitäten der Hochschule in Rottenburg einzubringen. Im Inland wie im Ausland. Deren Themen und Kompetenzen in Forschung und Lehre seien so gefragt wie nie. Das gelte auch für die Absolventinnen und Absolventen der HFR am Arbeitsmarkt.