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Einblicke in die Umweltforschung, Ausblicke auf die Umsetzung der Forschungsergebnisse

Veröffentlicht am: 17. August 2020

Lehrfahrt zum Conventwald und Regierungspräsidium Freiburg

Maßband an einem stehenden Baumstamm zur Ermittlung des Stammumfangs

Nach zahlreichen Videovorlesungen vor dem Laptop war die Exkursion zum Conventwald im Fach Stoffhaushalt von Wäldern von Prof. Dr. Schäffer für die Studierenden des Masterstudiengangs Forstwirtschaft ein Glanzpunkt im ansonsten weitgehend digitalen Stundenplan.

Unter Einhaltung der Corona-Hygienevorschriften ging es im Hochschulbus Richtung Eschbach. Dort befindet sich die Ökosystemstudie Conventwald. Sie ist ein langfristiges Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (Abteilung Boden und Umwelt), das 1991 begonnen wurde und mittlerweile mehr als 25 Jahre ununterbrochene Beobachtungen der Wasser- und Stoffkreisläufe in einem geschützten naturnahen Mischwald (Bannwald) und verschiedenen waldbaulich bewirtschafteten Flächen umfasst. Die Flächen sind Teil eines Netzwerkes, welches in ganz Europa etwas 300 ähnlich ausgestattete Intensivmessflächen umfasst. Auf diesen Waldbeobachtungsflächen werden Daten zu Baumzustand, Waldwachstum, Nährstoffkreisläufen, Stoffeinträgen, Bodenzustand, Bodenvegetation sowie Meteorologie erhoben. Dadurch wird eine Informationsquelle geschaffen, die den momentanen Umweltzustand, aber auch Umweltveränderungen frühzeitig erkennen lässt - eine unverzichtbare Grundlage für sinnvolle Umweltpolitik. Die Ökosystemstudie versucht in erster Linie, die Verarmung der natürlicherweise sehr guten Nährstoffausstattung durch anthropogene Depositionen und den damit verbundenen Rückgang der Filter- und Pufferkapazität der Böden und letztlich auch des Baumwachstums zu quantifizieren.

Auf einer Wanderung quer durch den Conventwald mit Dr. Heike Puhlmann, der Leiterin der Abteilung Boden und Umwelt der FVA BW, erfuhren die Studierenden an verschiedenen Stationen interessante Fakten zu Messgeräten, Messtechnik und Methodik der Datenauswertung.

Ein – im wahrsten Sinne des Wortes – „Höhepunkt“ der Exkursion war die Besteigung des knapp 30 m hohen Klimamessturmes auf der Fläche. Aufgrund des regnerischen Wetters wurde die Aussicht leider durch viele graue Regenwolken behindert. Die Studierenden konnten auf dem Turm mit Blick über die Baumkronen aber den Ausführungen von Andrea Hölscher, Mitarbeiterin der Abteilung Boden und Umwelt der FVA BW, lauschen. Die klimatischen Größen (Niederschlagshöhe, Lufttemperatur, Luftfeuchte, Globalstrahlung und Windgeschwindigkeit) werden in 10 min-Intervallen gemessen und zu 30 min-Mittelwerten bzw. -Summen aggregiert. Der Stoffeintrag mit dem Niederschlag wird in ständig geöffneten Niederschlagssammlern (Totalisatoren mit 100 cm² Auffangfläche) gesammelt und in zweiwöchentlichen Sammelproben analysiert.

Am nächsten Exkursionspunkt, einem Braunerde-Bodenprofil, durften die Studierenden ein kleines Rätsel lösen und wurden von Dr. Heike Puhlmann dazu aufgefordert, einmal zu schätzen, wie tief man hier theoretisch nach unten Bohren könnte, ehe man auf Gestein trifft. Eine Studentin lag mit ihrer Expertenschätzung in Höhe von 16 m genau richtig und alle waren erstaunt, wie tiefgründig die Böden hier entwickelt sind. Bei einer kleinen Wiederholung zum Thema Gesteinsentstehung lief einer der Studierenden zu Höchstform auf und konnte auch am Bodenprofil noch spannende Details zum anstehenden Gestein dazulernen. Trocken waren an diesem Tag weder die Themen noch der Untergrund, da es den ganzen Morgen über regnete. Die Stimmung war aufgrund der Interessanten Themen und der packenden und kompetenten Erzählweise der Exkursionsleiterin jedoch durchweg sehr gut.

Auf einer Buchenfläche mit Messflächen verschiedener waldbaulicher Behandlungen ging es weiter. Bei der Wanderung dorthin erfuhren die Studierenden, wie sich verschiedene waldbauliche Verfahren auf den Nitratgehalt im Bodenwasser auswirken. Nitrat ist leicht löslich, wird deshalb rasch ausgewaschen und kann so ins Trinkwasser gelangen. Ein Alter geschlossener Buchenbestand unterbindet den Austrag von Nitrat nahezu vollständig. Nitrat wird als wichtiger Pflanzennährstoff von Bäumen schnell aufgenommen. Wird der Waldboden beschattet, so wird der Humusabbau, welcher Nitrat freisetzt, verlangsamt. Sobald jedoch das Kronendach durch Holzeinschlag aufgelichtet wird, versagen diese Schutz- und Filtermechanismen und Nitrat wird mit dem Sickerwasser in massiven Konzentrationsspitzen ausgewaschen.

Am letzten Exkursionspunkt, einer weiteren Intensivmessfläche, konnten sich die Studierenden Messeinrichtungen wie Umfangsmaßbänder an Baumstämmen, die mit Dendrometern und Thermometern versehen waren, Niederschlagswippen, Bodenwassersaugkerzen, Streusammler und einiges mehr aus nächster Nähe ansehen.

Im zweiten Teil des Tages trafen die Studierenden Axel Huber vom Regierungspräsidium Freiburg der ihnen dort interessante Details zur operativen Umsetzung von Bodenschutzkalkungen näherbrachte. Unter anderem wurden die Ausschreibungsverfahren erläutert, Förderungsmöglichkeiten von Bodenschutzkalkungen vorgestellt und es wurde auf die Qualitätskontrolle eingegangen. Besonders interessant war hierbei die Tatsache, dass es nun ein DLG Qualitätssiegel für Produkte zur Bodenschutzkalkung im Wald gibt: Aktuell rückt der Aspekt, die Nutzungsintensität der Wälder an der Nährstoffnachhaltigkeit der Waldböden zu orientieren, immer mehr in den Fokus. Eine standörtlich nachhaltige Nährstoffversorgung setzt ein Gleichgewicht zwischen Nährstoffverlusten (durch Bodensickerwasser und Holzernte) und Nachlieferung (durch Deposition und Gesteinsverwitterung) voraus. Hier kann die Rückführung waldbürtiger Nährstoffe, wie beispielsweise Kalium und Phosphor, dazu beitragen, die lokalen Nährstoffkreisläufe von Wald, Sägewerk, Heizkraftwerk und Wald zu schließen. In Baden-Württemberg werden seit rund zehn Jahren Gemische aus Kalkstein (Dolomit), Holzasche und Wasser für die Bodenschutzkalkung eingesetzt. Holzasche werde in den Fällen zugesetzt, wenn Bodenproben einen Mangel an Kalium und Phosphor anzeigen. Holzasche ersetze insbesondere das bis ins Jahr 2008 bei Kaliummangel verwendete Kaliumsulfat. Kalium ist ein wichtiges Nährelement, welches die Bäume zur Regulierung ihres Wasserhaushaltes dringend benötigen. Dies sollte vor dem Hintergrund des Klimawandels nicht in ein von Menschen verursachtes Defizit geraten. 2016 wurde auf Empfehlung der FVA das RAL-Gütezeichen GZ 252/1 qualitätsgesicherte Holzaschen der Bundesgütegemeinschaft Holzaschen e.V. verpflichtend eingeführt. Damit wird bereits im Heizkraftwerk sichergestellt, dass die Holzasche keine Schadstoffe enthält.

Die vorgestellten Themen waren Ausgangspunkt für eine lebhafte und anhaltende Diskussion mit den Studierenden zum Thema, die dann den Abschluss der spannenden Exkursion darstellte.