Zurück zur Übersicht

Corona zwingt Hochschulen zurück ins digitale Semester

Veröffentlicht am: 30. Oktober 2020

HAW gehen mit gemischten Gefühlen zurück in den Digitalbetrieb – Studium ist mehr als einseitige Wissensvermittlung

Logo: HAW - Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg

Mit den gestern von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der exponentiell steigenden Infektionszahlen standen die Politikerinnen und Politiker vor der unlösbaren Aufgabe schnell wirksame Maßnahmen zu ergreifen ohne Bereiche zu vergessen oder unangemessen einzuschränken. Die Hochschulen werden in dem Papier auf Bundesebene nicht genannt und so bleibt dieser Bereich Sache des Landes.

Das Wissenschaftsministerium in Baden-Württemberg hat sich in Abstimmung mit den anderen Ressorts heute dazu entschieden alle Hochschulen grundsätzlich, mit gewissen Ausnahmen, wieder in den Digitalbetrieb zu schicken, um diesen Bereich aus dem Infektionsgeschehen herauszunehmen. Einige Hochschulen in Baden-Württemberg, die sich in besonders betroffenen Gebieten befinden, sind diesen Schritt bereits vorsorglich vor dem nun gefallenen Beschluss gegangen. Viele hielten noch an einem stark kontrollierten und reglementierten eingeschränkten Präsenzbetrieb fest, um vor allem die Studienanfängerinnen und Studienanfänger am Campus ins Studium einzuführen.

Die HAW tragen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie mit und haben großes Verständnis für die schwierigen Abwägungen, die die Politik zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen treffen muss, um auch den erhofften „wellenbrechenden“ Effekt im Laufe des Novembers zu erzielen.

Der Vorstand der HAW-Rektorenkonferenz betont aber, dass Hochschulbetrieb ohne Präsenz, mittlerweile im zweiten Semester in Folge, nicht ohne erhebliche negative Folgen bleiben wird.

„Die konkreten Folgen für die Kompetenz- und für die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Leute werden wir erst nach und nach beurteilen können. Wir tun, was wir können mit den digitalen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, aber die in diesem Lebensabschnitt besonders wichtigen sozialen Kontakte, Erfahrungen und den Erwerb der damit verbundenen Kompetenzen, können wir digital nicht vollständig ersetzen“, sagt Bastian Kaiser, Vorsitzender der Rektorenkonferenz der HAW.

Auch wenn die digitale Lehre an Hochschulen mit jungen Erwachsenen sicherlich besser funktioniere als an den Schulen, sei dieser Zustand im Dauerbetrieb nicht mit dem bisherigen Präsenzstudium, gerade an anwendungsorientierten Hochschulen, zu vergleichen. Ein Studium habe viele soziale Aspekte, die entscheidend für die Persönlichkeitsentwicklung seien. Das könne und dürfe man auch für den tertiären Bildungsbereich nicht ausblenden.

Angesichts der Tatsache, dass viele Studierende seit dem Semesterstart an den Studienorten sind und sich dort Unterkünfte gemietet haben, ist ein anderer negativer Effekt der Rückkehr in den Digitalbetrieb nicht völlig unwahrscheinlich:

„Auf dem Campus und in den Hochschulen treffen sich die jungen Leute unter den Bedingungen gut überlegter und inzwischen bewährter Hygienekonzepte. Diese erleichtern im Falle auftretender Infektionsfälle auch die dann so wichtige rasche Nachverfolgung durch die Gesundheitsbehörden. Sollten sich die Studierenden nun private Alternativen zur Begegnung suchen und realisieren, dann tun sie das im vollständig privaten Raum und vermutlich ohne klare Regeln und formalisierte Datenerfassung. Wir delegieren so die Verantwortung aus den Hochschulen auf die Studierenden selbst“, so Kaiser.