Zurück zur Übersicht

Exkursionsbericht Bayerischer Wald

Veröffentlicht am: 01. Juni 2017

Am Freitagmorgen, den 07.04.2017 trafen wir uns um 05:30 Uhr an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, um die ca. 5 stündige Fahrt in den Bayerischen Wald anzutreten.

Mit 20 Studenten und begleitet von Herrn Professor Ruge fuhren wir mit 3 privaten Pkw´s und einem Fahrzeug der Hochschule los.
Um ca. 10:30 Uhr kamen wir ohne größere Verkehrsschwierigkeiten wie geplant an unserem ersten Ziel in Neureichenau am Forstbetrieb an. Dort erwartete uns bereits Forstbetriebsleiterin Gudula Lermer. Nach einer freundlichen Begrüßung wurden wir in den Versammlungsraum geleitet, in dem schon Kaffee, Butterbretzeln und frisches Obst auf uns wartete. Um ein Bild der örtlichen Gegebenheiten zu bekommen, teilte uns Frau Lermer einen Exkursionsführer aus und zeigte uns in der folgenden Stunde mit Hilfe einer Power Point Präsentation alle wichtigen Kenndaten des Forstbetriebes auf.

Der Forstbetrieb liegt in den Wuchsbezirken 11 „Bayerischer Wald“ und 12.9 „Tertiäres Hügelland“. Wir hielten uns vor allen in den Teilwuchsbezirk Östlicher Vorderer Bayerischer Wald und Innerer Bayerischer Wald auf, welche auf Höhenlagen zwischen 680 – 1360 m ü.NN liegen. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt hier mit 5,5 ° C deutlich unter dem bayerischen Mittel von 7° C. Bei einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 1.043 mm - 1.309 mm liegen diese Wuchsbezirke deutlich höher als das bayerische Mittel mit 970 mm. Mit einem Anteil von 54 % sind die meisten Standorte im Forstbetrieb Neureichenau frische bis hangwasserzügige Lehme. Die natürlichen Waldgesellschaften werden von der Rot-Buche geprägt. In der montanen bis zur hochmontanen Stufe dominiert der Bergmischwald mit Fichte, Weiß- Tanne und Rot-Buche. In der boreal getönten Stufe ist ein deutlicher Rückgang der Tannen und Buchen zu erkennen. Laut der letzten Forsteinrichtung von 2015 sind 70% der Fläche mit Nadelholz und 30 % mit Laubholz bestockt. Auf ca. 60% der Endnutzungsfläche befindet sich bereits Vorausverjüngung, welche zum größten Teil aus Fichte, Weiß-Tanne und Rot-Buche besteht. Der Holzvorrat liegt bei ca. 375 Vfm/ha und steigt im Vorratsaufbau vor allem im Starkholzbereich weiter an. Der aus Wiederholungsinventuren hergeleitete Zuwachs beträgt 8,6 Efm/ha Holzboden und Jahr. Mit 8,3Efm/ha liegt der jährliche Hiebssatz etwas unter dem Zuwachs. Besonders interessant war dabei, dass 47 % des eingeschlagenen Holzes an regionale Sägewerke verkauft werden.

Im Zuge der Forstreform 2005 wurde den Bayerischen Staatsforsten die Ausübung der Jagd auf Staatswaldflächen übertragen, diese beläuft sich auf 17.793 ha im Forstbetrieb Neureichenau. Aus der Abschussstruktur des Jagdjahres 2014 geht hervor, dass 79 % der Strecke durch die Einzeljagd, 13 % durch Drück- und Stöberjagden und 4% durch Sammelansitze erbracht werden, die restlichen 4 % waren nicht zuzuordnen. Den schwierigen Jagdverhältnissen und dem Lebensraum geschuldet werden auf 100 ha im Schnitt nur 2,78 Rehe in den verpachteten und 1,64 Rehe auf den Regieflächen im Gebiet des Bayerischen Waldes erlegt. Im Tertiären Hügelland sind es deutlich mehr.

Als Ergänzung zur Verbissaufnahme führen die Bayerischen Staatsforsten jährlich zusätzlich ein Traktverfahren durch, welches im Folgenden kurz beschrieben werden soll. Bei dem Verfahren soll pro 150 Hektar ein Trakt angelegt und mit Pflöcken dauerhaft markiert werden. Dieser soll 40-60m lang und bei ausreichender Pflanzenzahl 30 cm breit sein, bzw. sollen mindestens 20 Pflanzen pro Baumartengruppe aufgenommen werden. Es werden alle Bäume ab 20cm Oberhöhe aufgenommen und erfasst, ob der Leittrieb verbissen ist. Der Aufnahmezeitpunkt liegt zwischen März und April. In der folgenden Abbildung sind die Ergebnisse der letzten Jahre zusammengefasst.

Im Anschluss machten wir uns auf zum Fuße des Dreisessels, der mit 1312m, eine der höchsten Erhebungen innerhalb der Grenzen des Forstbetriebes ist und gleichzeitig das Dreiländereck zwischen Tschechien, Österreich und wohl gemerkt Bayern markiert. Der erste Exkursionspunkt lag an der Kreuzbachklause, hier wurde Wasser aufgestaut, mit dessen Hilfe noch im vergangenen Jahrhundert, Holz durch ausgeklügelte gemauerte Kanäle ins Tal getriftet wurde. Hier zeigte uns Frau Lermer Bergmischwälder, in denen die Baumarten Rot Fichte, Weiß- Tanne und Rot- Buche vergesellschaftet waren.

Danach liefen wir durch einen Aufichtenwald, dessen Oberboden einen nahezu staunassen Eindruck macht, zum nächsten Exkursionspunkt. Auf dem Weg erläuterte uns Frau Lermer wiederum, wie schwierig es ist, dem Rotwild im diesem Gebiet nach zu kommen, da immer wieder neue Tiere aus dem Nationalpark Sumava über die Grenze drücken.

Leider hatten wir an diesem Freitag etwas Pech mit dem Wetter. Vom sonnigen Rottenburger Wetter verwöhnt, waren wir etwas überrascht als es in Bayern zu schneien begann. Da die Wanderung auf den Gipfel ca. 3 Stunden dauern sollte, liefen wir zurück zum Parkplatz und fuhren zur nächsten Höhenstufe. Hier sah man, dass die Weiß-Tannen und vor allem die Rot-Buchen deutlich an Konkurrenzkraft verloren, was auf die boreal getönte Stufe hinwies. Deutlich erkennbar waren die niedrige Oberhöhen sowie die kurzen, zurück gebildeten Kronen der Rot-Buchen. Außerdem machte uns Frau Lermer auf die verschiedenen Wuchsformen der Fichten aufmerksam. Es kamen neben der Hochlagenform auch Bäume vor, die vermutlich aus Tieflagen stammten.

Am Gipfel angekommen beschränkte sich unser Sichtfeld durch dichten Nebel und Schneefall auf ca. 30 m. Nach einer kurzen Erkundung der historischen Stätte, an der sich laut einer Sage 3 Herrscher das Land aufteilten, fuhren wir noch zu einem renaturierten Moor.

Herr Ruge machte uns auf die seltenen Spirken aufmerksam, einer Unterart der Berg-Kiefer, die hier vorkamen. Hier wurde noch zum Ende des 2. Weltkrieges Torf abgebaut. Die Gräben, mit denen das Moor entwässert wurde, wurden wieder verfüllt und das Wasser mit Dämmen aufgestaut, so konnte das Moor gerettet werden.

Den Abschluss machten wir in dem ehemaligen Aussiedlerdorf Leupoldsreuth. Das Dorf wurde im 19. Jahrhundert aufgegeben, da es durch die kalten Temperaturen, dem hohen Schneefall und der daraus resultierenden kurzen Vegetationszeit nicht möglich war, hier zu überleben. Es steht nur noch das alte Schulhaus und die Kirche, zu der jährliche Wallfahrten stattfinden. Nach einer kurzen Verabschiedung von Frau Lermer machten wir uns auf den Weg nach Neuschönau, innerhalb des Nationalparks. Hier befindet sich die Jugendherberge Waldhäuser, in der wir übernachteten. Den Abend verbrachten wir mit einer Auswahl heimischer Getränke und ausschweifenden Gesprächen über den vergangen Tag auf den Zimmern.

Besuch im Nationalpark Bayerischer Wald am 08.04.17
Am nächsten Morgen starteten wir mit zwei Mitarbeitern der Nationalparkwacht von der Jugendherberge Waldhäuser zum Rundgang durch die verschiedenen Zonen des Nationalparks. Nach kurzem Marsch durch Privatwald, welcher gleichzeitig zur Pufferzone mit immerhin rund 21 % der Gesamtfläche des Nationalparks gehört, in der weiterhin Borkenkäferbekämpfung stattfindet. Die selbst nach mind. 20 Jahren außer Nutzung genommenen und teilweise renaturierten, aber immer noch gut erkennbaren Forstwege und Rückegassen lösten Erstaunen aus. Auch angepflanzte Fichtenreinbestände sahen bis auf den hohen Totholzanteil kaum verändert aus, allerdings ließ sich in durch Zusammenbruch alter Bäume entstandenen Lücken bereits ein vielfältigerer Wald erkennen. Gegen Ende wandte sich das Gespräch dem Thema Jagd zu. Es wird versucht, Schwarzwild zusätzlich zur Einzeljagd über die bevorzugte Entnahme von juvenilen und weiblichen Stücken in Saufängen zu reduzieren, Rotwild wird hauptsächlich mit Hilfe der Wintergatter bejagt. Hier werden Familienverbände in einem dem eigentlichen Überwinterungsgatter vorgeschaltetem Vorgatter vollständig entnommen. In dem von uns besuchten Gebiet wird auf die Rehwildbejagung verzichtet. Unsere Mittagspause verbrachten wir am Nationalparkzentrum Lusen mit dazugehörigem Tier-Freigelände, Baumwipfelpfad und dem Nationalparkmuseum.

Nachmittags ging es weiter zum LIFE+ Projekt „kleine Au“, eine Moorrenaturierung auf bereits stark vorgeschädigter Fläche. Hierbei wurde im Kernbereich mithilfe eines Seilkrans die Fichte komplett entfernt, nur Moor-Birke und Faulbaum durften stehen bleiben. Die Hauptentwässerungskanäle wurden bei flacher Hanglage mit Torf verproft, mit steigender Neigung wurde zusätzlich Rundholz eingesetzt und am abschüssigsten Punkt Dämme mit Nutbretten errichtet. Der abschließende Entwässerungsgraben, an eine landwirtschaftlich genutzte Wiese angrenzend, wurde beibehalten, um nebenstehende Häuser nicht zu gefährden. Bereits nach wenigen Monaten zeigten die ausgehobenen Mulden als Ansatzpunkt für Torfmoose große Wirkung.

Als letzten Exkursionspunkt besuchten wir den Lusen mit seinen beeindruckenden Fichten-Borkenkäferflächen. Allerdings zeigten sich uns die Gipfel mit natürlicher Verjüngung aus stabiler Fichte mit vereinzelter Vogelbeere und Berg Ahorn, eine stufige Bestandesmischung ist bereits vorhanden.
Hier entstand auch das Gruppenfoto. Rückblickend haben wir 2 sehr interessante Tage in einem spannenden Umfeld verbracht und dabei viel über Bergmischwälder und die Entstehung des Nationalparks gelernt, wofür wir uns bei allen Beteiligten ausdrücklich bedanken möchten.