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Biogaslabor an der HFR nimmt Betrieb auf

Veröffentlicht am: 20. Februar 2017

Mit einer Reihe von selbst entwickelten, anpassungsfähigen Kleinstfermentern können nun an der HFR Forschungsfragen im Biogasbereich experimentell bearbeitet werden.

Biogaslabor

Die Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg bietet unter anderem den Bachelorstudiengang „Erneuerbare Energien“ und den hochschulübergreifenden Masterstudiengang „SENCE “ (Sustainable Energy Competence) an.

Ein im Portfolio der erneuerbaren Energien bedeutender Energieträger ist Biogas. Es entsteht bei der kontrollierten Vergärung von Biomasse, ganz gleich ob Abfälle oder Reststoffe, tierische Exkremente oder speziell dafür angebaute Energiepflanzen. Ungeeignet sind lediglich Holz und verholzte Biomassen. Biogasanlagen sind oft bei landwirtschaftlichen Betrieben zu finden und liefern heute jede sechste Kilowattstunde Ökostrom.

„Biogas ist in den letzten Jahren völlig unsachlich kritisiert und vom Gesetzgeber ausgebremst worden“, sagt Prof. Dr. Jens Poetsch, Professor für Agrarwirtschaft im Studiengang Erneuerbare Energien. „Dabei ging es vor allem um die sogenannte Vermaisung. Eine teils berechtigte Kritik, die sich aber eigentlich gegen die einseitige und oft nicht besonders ressourcenschonende Landwirtschaft in den Industriestaaten richten sollte. Zwei Drittel des in Deutschland angebauten Mais dienen im Übrigen immer noch der Tierfütterung. Biogas lässt sich auch sehr gut aus Abfällen oder aus bodenschonenden und nützlingsfördernden Blühpflanzen produzieren. Das wird zwar auch schon gemacht, aber noch nicht genug.“  

Auch in Entwicklungs- und Schwellenländern biete Biogas noch große Potenziale, dezentral und mit einfachen Mitteln Energie aus Abfallstoffen zu gewinnen. Schließlich lasse sich mit Biogas nicht nur Strom erzeugen, sondern es kann als Kraftstoff, Chemierohstoff und gemeinhin vollwertiger Erdgasersatz in einer von fossilen Rohstoffen unabhängigen Wirtschaft dienen.

Das Biogaslabor der Hochschule besteht aus insgesamt zwölf Kleinstfermentern, bei denen die Biomasse in jeweils zwei Liter fassenden und gasdicht verschlossenen Flaschen gärt und Gas bildet. Eine Besonderheit ist, dass die kompakten Tischanlagen jede für sich mit Heizung, Rührwerk, Gasvolumenmessung, Pumpe und Steuerelektronik ausgestattet sowie voll transportabel sind. Zukünftig können Studierende hier ihre Projekt- und Abschlussarbeiten durchführen. Die Anlagen sind flexibel einstellbar und können für verschiedenste Fragestellungen genutzt werden. Mit dem im Jahr 2016 an der Hochschule erbauten Technikum hat das Biogaslabor auch gleich seinen Platz gefunden.

„Es gibt  zwar ähnliche Anlagen von der Stange zu kaufen und auch viel größere Biogaslabore“, erklärt Prof. Poetsch, „aber dass wir diesen Anlagentyp selbst entwickelt haben, hat zwei Vorteile. Zum einen können diese Anlagen in ihre Einzelteile zerlegt und nahezu beliebig angepasst werden, was uns maximale Flexibilität erlaubt, zum anderen hatten wir durch den Eigenbau viel geringere Kosten. Dazu haben Kollegen und Studierende wertvolle Beiträge geleistet. Durch den eigenen Anlagenbestand können wir nun jederzeit selber kleine, interessante Fragestellungen bearbeiten.“

Die ersten Arbeiten laufen bereits und beschäftigen sich mit der Biogas-Gewinnung aus Algen und Wasserpflanzen, die in vielen Gewässern der Welt aufgrund der Überfrachtung mit Nährstoffen ein großes Problem darstellen. So werden drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die Gewässer entlastet, dezentral Energie erzeugt und die Nährstoffe zurück aufs Land verlagert. Weitere Versuche zur Vergärung von schwer vergärbarem Landschaftspflegematerial sind ebenfalls in Vorbereitung.

„Biogas ist viel mehr als Energie aus Mais“, findet Prof. Poetsch. „Es bietet auch heute noch jede Menge Möglichkeiten für neue, interessante und sinnvolle Lösungen. Daran wollen wir mitarbeiten.“    

Fotos: Josopandojo