Exkursionsbericht Forstamt Nastätten
Veröffentlicht am: 21. November 2025
Unsere Studierenden aus dem Masterstudiengang Forstwirtschaft und Studierende aus dem 3. Bachelorsemester Forstwirtschaft fuhren auf eine dreitägige Exkursion nach Rheinland-Pfalz. Die Exkursion behandelte die Themen interne und externe Kommunikation im Kontext von Waldschutz & Risikomanagement, weshalb die Studierenden seitens HFR von den Professorinnen Stefanie Steinebach und Angela Siemonsmeier begleitet wurden.
Der erste Tag begann im Forstamt Otterberg, dieser Tag thematisierte unter anderem aktuelle Themen des Waldschutzes, wie die Eichenprachtkäferproblematik und das Borkenkäfermonitoring. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde aller Beteiligten ging es auch schon raus in den Wald, in die Praxis.
Unter der fachlichen Unterstützung des Revierleiters Elmar Winicker sowie den Waldschutzbeauftragten Lydia Burkhardt und Wolf Hoffmann wurden die Studierenden mit der Forstschutzpraxis konfrontiert. Die erste Aufgabe bestand darin, in einem etwa 140 Jahre alten Eichenbestand, der stark durch den Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) befallen ist, die Bäume zu markieren, von denen im nächsten Jahr eine weitere Eichenprachtkäfergeneration ausgehen könnte. Doch wie erkennt man einen solchen Baum? Indizien sind beispielsweise Rindenabschläge durch den Specht und eine starke Schütte in der Baumkrone. Alle Eichen, die ein Kronenprozent von weniger als 20 % aufweisen, sind in ihrer Vitalität so stark geschädigt, dass davon auszugehen ist, dass sie für einen Befall mit dem Eichenprachtkäfer stark prädisponiert sind. Schnell waren einige Bäume markiert, die genau diese Merkmale aufwiesen.
Die weiteren waldbaulichen Behandlungen sind in solchen Beständen jedoch schwer; daher diskutierten die Studierenden sehr angeregt mit dem Expertenteam über mögliche Lösungsansätze. Bringt man den noch nicht hiebsreifen Bestand bereits in Verjüngung, um auch in der nächsten Waldgeneration die Eiche als führende Baumart zu haben? Erntet man ausschließlich die stark befallenen Bäume – mit dem Risiko, in der nächsten Waldgeneration die Eiche nicht mehr als führende Baumart zu haben? All diese Fragen müssen nicht nur intern, sondern immer auch mit der Öffentlichkeit vor Ort kommuniziert werden.

Foto: Lydia Burkhardt (RLP) hält das Brutbild eines Eichenprachtkäfers (Agrilus biguttatus)
Nach diesen und vielen weiteren fachlichen Fragen über die Eiche ging es zu einer in der Nähe gelegenen Waldhütte, in der Würstchen im Brot mit Getränken bereit stand.
Gut gestärkt fuhren die Studierenden in das Forstrevier Münchhof, das vom Revierleiter Lars Schelbert betreut wird. Der dortige Exkursionspunkt begann mit einer kurzen naturräumlichen Beschreibung des Reviers. Danach waren die Studierenden gefragt: Sie durften eine Bestandesbeschreibung eines Buchenaltholzbestandes vornehmen und dabei unter Berücksichtigung von Risikofaktoren und standörtlichen Gegebenheiten diskutieren, wie dieser Bestand in die nächste Waldgeneration überführt werden kann.

Foto: Lars Schubert informiert über die naturräumlichen Gegebenheiten in seinem Revier Münchhof
Der letzte Exkursionspunkt thematisierte das Borkenkäfermonitoring, das durch die FAWF betreut wird. Es wurden verschiedene wissenschaftliche Methoden vorgestellt, anhand derer die Dynamiken des Borkenkäfers dargestellt werden können.
Zum Schluss wurde es noch einmal praktisch, und die Studierenden durften selbst auf Buchdruckersuche gehen.

Foto: Studierende auf der Suche nach Buchdruckern Ips typographus
Nach vielen wertvollen Eindrücken haben die Studierenden diese Erlebnisse in der Jugendherberge am Abend bei einem gemütlichen Glas Wein Revue passieren lassen.
Am nächsten Tag ging es für die Studierenden in das Mittelrheintal bei Nastätten zu Forstamtsleiterin Susanne Gühne und dem Tourismusbeauftragten Martin Grünebaum.

Foto: Gruppenfoto am Rheinsteig
Dort ging es schwerpunktmäßig um die Verkehrssicherheit am Rheinsteig und um die waldbaulichen Herausforderungen hinsichtlich des Klimawandels, welche schon Spuren am Mittelrheintal hinterlassen haben. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass unter anderem durch die globale Erwärmung Trockenschäden in den Baumkronen und Schadorganismen begünstigt werden, wodurch die Bäume häufig absterben. Im Zuge der Verkehrssicherungspflicht an künstlich angelegten Plätzen, die zum Verweilen einladen, wurde die Anzahl von Bänken, etc. auf ein Minimum reduziert, da der zeitliche und finanzielle Aufwand dieser Pflicht nachzugehen, kaum zu bewältigen wäre. Die Verkehrssicherungspflicht gilt dabei nicht für „waldtypische Gefahren“ auf herkömmlichen Wanderwegen im Wald, man bewegt sich dort auf „eigene Gefahr“. Aufgrund unter anderem des steilen Geländes im Mittelrheintal und der gefährlichen Totäste in den Baumkronen ist eine Entnahme der kranken und toten Bäume zum Schutz der Besucher nicht möglich. An so einem stark touristisch frequentierten Wanderweg ist das Betreten des Waldes dementsprechend äußerst gefährlich für die Waldbesucher, weshalb mit Warnschildern auf diese „waldtypischen Gefahren“ hingewiesen wurde. Aber reicht diese Form der Kommunikation an einem touristischen Hotspot wirklich aus? Das war eine wichtige Frage.
Martin Grünebaum referierte anschließend noch über das Konzept von „Landesforsten Rheinland-Pfalz“, hinsichtlich seiner Priorisierung von Ökonomie, Sozialem und Ökologie. Dies schilderte er mit dem „Micky-Mouse-Modell“, welches die Ökonomie als Hauptaufgabe der Forstbranche darstellt und die Ökologie und das Soziale als Nebeneffekte der wirtschaftlich ausgerichteten Forstwirtschaft mit sich zieht. Er appelliert dabei aber, dass dieser Ansatz in Zeiten des Klimawandels überdacht werden muss und fordert mehr Symmetrie, eine Inwertsetzung anderer Ökosystemleistungen und die Gleichstellung dieser drei Säulen und kritisiert dabei die Kielwassertheorie.

Foto: Martin Grünebaum beim Vortragen des Ökosysystemleistungsmodell
Ein weiterer Schwerpunkt der Exkursion bestand darin, wie diese brisanten und emotionalen Herausforderungen an die Bevölkerung kommuniziert werden können. Beispielhaft wurde den Studierenden ein Eichenkahlhieb am Rheinsteig gezeigt, welcher aus Verkehrssicherheitsgründen und aufgrund des hohen Eichenprozessionsspinneraufkommens zum Schutz der Erholungssuchenden vollzogen wurde. Durch direkten Kontakt oder den Brennhaaren der Raupe des Eichenprozessionsspinners, welche mit dem Wind verbreitet werden, können starke allergische Reaktionen bei Menschen in näherer Umgebung verursacht werden. Um dies präventiv zu unterbinden, wurden dort ebenfalls Warnschilder errichtet, welche die Besucher für diese Eventualität sensibilisieren sollen. Anschließend wurde gemeinsam über Aufforstungsmöglichkeiten diskutiert. Eine dauerhafte Bestockung ist aus zahlreichen Gründen von besonderer Wichtigkeit, da durch eine angepasste Bestockung unter anderem Erosion und Flächenerwärmung verhindert und Kohlenstoff dauerhaft gebunden werden kann. In Bezug auf die stark besuchten Wanderwege ist dies allein auch aus Ästhetikgründen wichtig für die Erholungssuchenden. Hier war vorrangig die Wahl von klimaresilienten- und resistenten Baumarten im Fokus.

Foto: Kahlhieb mit stark trockenheitsgeschwächtem Restbestand
Eine weitere Station des Tages war ein Buchenbestand welcher sich in der Phase der „Ernte und Verjüngung“ befand. Dort erzählten die Forstamtsleiterin und der Forstwirtschaftsmeister, dass ein Großteil des Schirmes zufällige Nutzung war, also aus Kalamitätsgründen gefällt werden musste. Dies spiegelte sich auch in den Holzerlösen wider, da durch den Insektenbefall und die Trockenschäden das Holz zu Großteilen entwertet wurde. Durch die zufällige Nutzung und die gegebenen Lichtverhältnisse konnte flächige Buchennaturverjüngung anwachsen. Die Herausforderungen und teils ungewissen potenziellen Entwicklungen waren hierbei, ob die Rotbuche noch angesichts des Klimawandels bei uns eine Zukunft hat und inwiefern die Rotbuche mit klimastabileren Baumarten verdrängt werden könnte, um die aktuellen Waldflächen zukünftig in klimaresiliente- und resistente Mischwälder zu überführen.
Am Abend bestand dann für die Studierenden die Möglichkeit an einer Stadtführung mit interessanten geschichtlichen Vorträgen in Kaub mit dem Förster des Jahres 2023 Martin Janner teilzunehmen und anschließend in der Jugendherberge, welche ein ehemaliges Forstamt ist, den Abend bei gemütlichem Zusammensitzen ausklingen zu lassen.
Am letzten Tag der Exkursion ging es mit Martin Janner in den von ihm betreuten Gemeindewald. Dort galt der Tag unter anderem forstgeschichtlichen Themen. Anhand einer ehemaligen etwa 20ha großen, borkenkäferbedingten Kahlfläche veranschaulichte er die unterschiedliche Behandlung des Waldes in der Geschichte. Zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Fläche durch jahrhundertelange Übernutzung völlig devastiert. Die Fichte als schnellwüchsige, vielseitige Baumart war das Mittel der Wahl für die Aufforstung. Nach dem 2. Weltkrieg stand man durch einen Reparationshieb wieder vor der gleichen Situation. Auch hier entschied man sich für die Aufforstung mit Fichte. Als die Fläche dann durch die Kalamitätsjahre 2018-2020 abermals kahl lag, stand Martin Janner vor der Frage, wie die nächste Waldgeneration auf der Fläche aussehen sollte. Er entschied sich die Fläche vorerst sich selbst zu überlassen. Mit dieser Entscheidung war ein nicht unerheblicher Kommunikationsaufwand mit der Gemeinde verbunden, da diese eine Entwicklung hin zu einem minderwertigen Bestand befürchtete, wenn man eine Pflanzung unterließe. Heute ist auf der Fläche eine Vielzahl an Baumarten wie Traubeneichen, Roteichen, Vogelbeeren, Birken, Kirschen und zahlreichen weiteren zu finden. Auch Fichten- und Douglasienanflug vom Vorbestand ist auf der Fläche vorhanden, wodurch ein gelungener Mischbestand, der auch die wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde befriedigt, etabliert wurde. Martin Janner wählt die Fläche oft um mit Bürgern über aktuelle Themen wie Kalamitäten, Waldumbau und Klimawandel ins Gespräch zu kommen. Dem Eichelhäher kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Keine der zahlreich vorkommenden Eichen auf der Fläche wurde gepflanzt, sie wurden alle durch Eichelhäher oder Krähen ausgesät. Für die meisten Zuhörer war in diesem Hinblick neu, dass der Eichelhäher einen Teil der versteckten Eicheln nicht einfach vergisst. Er nutzt sie stattdessen gezielt im Frühjahr als Nahrungsquelle, indem er die nahrhaften Keimblattanlagen des Sämlings frisst, ohne diesen in seiner Entwicklung zu stören. Die Fläche eignet sich in Kombination mit der Geschichte vom Eichelhäher entsprechend sehr gut, um Klein und Groß die Kraft der Natur vor Augen zu führen und die Möglichkeiten beim kostengünstigen Waldumbau zu veranschaulichen.

Foto: Martin Janner, ein Forstwirt und die Studierenden bei der Flächenbesichtigung
Martin Janner ist Autor des Buches „Der Wald der Zukunft“. Viele seiner dort verschriftlichten Themen verdeutlichte er anhand unterschiedlichster Waldbilder, wie z.B. der ehemaligen Kahlfläche. Immer wieder betonte er die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen Forstwirten und dem Förster selbst. Für eine gute Zusammenarbeit im Alltag ist eine zwischenmenschliche Beziehung, die über die formale Arbeitsbeziehung hinausgeht, essenziell. Auch um die Akzeptanz gegenüber der Relevanz intensiver Jungbestandspflege, ohne die heute ein gänzlich anderes Waldbild auf der ehemaligen Kahlfläche zu sehen wäre, zu erreichen ist ein gutes Verhältnis zueinander unabdingbar. Die Wichtigkeit der Beziehung zwischen Revierleiter/Fortamtsleiter zu Bürgern oder Gemeinderatsmitgliedern im Kommunalwald sprach er ebenfalls an. Gerade bei Bürgern kleiner Gemeinden trägt, neben dem Vertrauen in die fachliche Kompetenz der Forstbeamten, die persönliche Beziehung zur allgemeinen Sympathie und Zufriedenheit stark bei.
Bekannterweise gelingt der Austausch miteinander in einer angenehmen Atmosphäre bei einem gemeinsamen Essen um ein Vielfaches besser. Bevor die Studierenden die Rückreise nach Rottenburg antraten, gab es daher noch leckere selbstgemachte Wildbratwürstchen vom Grill.
Die Studierenden aus Rottenburg blicken auf drei ereignisreiche und kurzweilige Tage in Rheinland-Pfalz mit zahlreichen Eindrücken und Erkenntnissen zurück und bedanken sich für das Engagement der Verantwortlichen, die gute Planung der Exkursion und den gegenseitigen Austausch.