Dritter Beitrag zur EU-Wiederherstellungs-Verordnung (WVO)
Veröffentlicht am: 14. Mai 2025

Der Wald im Spannungsfeld von Klimaschutz und Ressourcenbereitstellung ist der Titel des dritten Beitrag zur EU-Wiederherstellungs-Verordnung (WVO oder auch kurz Renaturierungsgesetz) des Autorenkollektivs um Prof. Dr. Rainer Luick, erschienen im Maiheft der Zeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung.
Der Beitrag analysiert Konflikte zwischen Klimaschutz, Forstwirtschaft und Holzwirtschaft in den Wäldern Deutschlands. Die Tatsache, dass letztere in den vergangenen Jahren von einer CO2-Senke zu einer Quelle von CO2 geworden sind, steht der Erreichung der verbindlichen EU- und nationalen Klimaschutzziele entgegen, wonach Wälder CO2 in großen Mengen der Atmosphäre entziehen und langfristig speichern sollen. Dieser wichtige Teilaspekt des sogenannten LULUCF-Mechanismus (land use, land use change and forestry) wird im Detail vorgestellt. Ursachen für den Verlust der Senkenfunktion sind: (1) zunehmende klimawandelbedingte Waldschäden, insbesondere das Absterben von Altersklassen-Fichtenforsten mit nachfolgender Holznutzung; (2) die energetische Nutzung von circa 50 % des jährlichen Holzaufkommens; (3) eine generell sehr hohe Nutzungsintensität der Wälder; (4) die vergleichsweise geringe Festlegung von Kohlenstoff in langlebigen Holzprodukten; (5) der ebenfalls klimawandelbedingte deutliche Rückgang des Waldwachstums. Aufbauend auf die Analyse wird die Anrechnung von Holz als klimaneutrale Energiequelle in der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) kritisiert und es werden Konsequenzen für forstwirtschaftliches Handeln sowie zur waldpolitischen Steuerung diskutiert. Notwendige Veränderungen im LULUCF-(Wald-)Sektor sind auch Optionen zur Erfüllung von Verpflichtungen, die aus der EU-Wiederherstellungsverordnung (WVO) resultieren.
Das Essay ist open access und in Englisch unter folgenden Links zugänglich:
- Luick, R., Jedicke, E., Fartmann, T., Grossmann, M., Ibisch, P., Potthast, T. & Settele, J. (2025): Der Wald im Spannungsfeld von Klimaschutz und Ressourcenbereitstellung - Bilanzierung und Prognosen der LULUCF-Ziele, Folgen falscher Normsetzungen und Konsequenzen für das politische, planerische und praktische Handeln. Naturschutz und Landschaftsplanung (NuL) 57(5):16-27. DOI:10.1399/NuL.127969
- Luick, R., Jedicke, E., Fartmann, T., Grossmann, M., Ibisch, P., Potthast, T. & Settele, J. (2025): Forests caught between climate protection and resource provision - Assessment and forecasts of LULUCF targets, consequences of incorrect norms and implications for political, planning and practical action. Naturschutz und Landschaftsplanung (NuL) 57(5):16-2 (plus supplement). DOI: 10.1399/NuL.127969
- ResearchGate

Bild 1: Was sich vermutlich natürlich ereignen wird, kann auch waldbaulich gesteuert und unterstützt werden. Die bis in die Hochlagen der Mittelgebirge verschwindenden standortsfremden Fichtenwälder können durch Buchenwälder ersetzt werden. Die Buche zeigt in ihren Vorkommensgebieten in mediterranen Bereichen und in den südlichen Balkanländern eine hohe epigenetisch verankerte Plastizität. Sowohl eine natürliche höhenzonale Wanderung als auch das gezielte Einbringen von Pflanzgut aus den genannten Gebieten an Standorte, wo es keine heimischen Buchen gibt, sind vorstellbare Strategien. Im Bild einer der wenigen natürlichen hochmontanen Buchenwälder am Belchen im Südschwarzwald (Bild Rainer Luick)

Bild 2: Die Folgen des Klimawandels werden vermutlich katastrophenartiger und erratischer eintreten, als wir uns das derzeit noch vorstellen. Spätestens in 50 Jahren werden auch die Wälder bei uns in Mitteleuropa ein völlig anderes Aussehen und eine andere Struktur haben. Nicht überall wird ein geplanter allmählicher Umbau zu klimaresilienten Beständen möglich sein und gelingen. Doch in jedem Ende liegt auch ein neuer Anfang: Vielleicht sind die lockeren Weidewälder der Dehesas in Spanien (Extremadura und Andalusien) Blaupausen für vorstellbare zukunftsfähige Wälder in Trockengebieten wie zum Beispiel für das Oberrheintal und weite Teile Mitteldeutschlands (Bild Rainer Luick)

Bild 3: Dieser Holzpolter in einem Hartholzaue-Wald bei Freiburg i. Brsg. mit schlechten stofflichen Qualitäten hat normalerweise folgende Nutzungsoptionen: Entweder wird das Holz direkt zu Hackschnitzeln verarbeitet oder ist Grundlage für die Pelletproduktion. In diesem Fall geht das Holz in die Dämmstoffproduktion und speichert dort Kohlenstoff für weitere hunderte Jahre. Leider geht bislang nur ein sehr geringer Anteil von stofflich minderwertigem Holz in derart sinnvolle, klimaschutzförderliche Verwendungen (Bild Rainer Luick)

Bild 4: Wo wirtschaftliche Interessen auf produktionsarmen Standorten eine sehr untergeordnete Rolle spielen, müssen Maßnahmen zur Umsetzung von Zielen aus den WVO- und LULUCF-Komplexen und des Klimaschutzes nicht teuer sein. Es reicht schon, effektiven Baumeistern der Natur, wie zum Beispiel dem Biber, Raum und Zeit zu geben. Im Bild großflächige Wiedervernässung mit Moorbildung und Entstehung von Feuchtwäldern im Wildnisgebiet Königsbrücker Heide in Sachsen. Bild Torsten Bittner (NSG-Verwaltung Königsbrücker Heide / Gohrischheide Zeithain)