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Stadtforstamt Stuttgart und Waldzentrum Sindelfingen - Urbanisierung und Sensibilisierung

Veröffentlicht am: 01. Dezember 2025

Gruppenfoto: Die Rottenburger Master-Studierenden vor dem Dienstsitz der Garten-, Friedhof- und Forstamtes der Stadt Stuttgart.

Am 11.11.2025 fand die Lehrfahrt des Masterstudiengangs Forstwirtschaft zum Thema «Urbane Forstwirtschaft» im Ballungsgebiet Stuttgart statt. Hierbei stand nicht die Holznutzung, sondern die Bedeutung des Waldes als Ort der Erholung, wichtiges Habitat und Klima im Zentrum.

Die Exkursion begann mit dem Besuch beim Stuttgarter Garten-, Friedhofs- und Forstamt. Die Leiterin des Forstamtes, Frau Dr. Claudia Kenntner gab eine Einführung in die Struktur und Bedeutung des Stadtwaldes sowie den Aufbau der Verwaltung. Die 5.000 Hektar des Waldes um Stuttgart, von denen knapp 2.600 Hektar städtisches Eigentum sind, haben eine sehr hohe Bedeutung für die Naherholung der Stuttgarter Bevölkerung, das Stadtklima und den Naturschutz. Knapp 90% des Stadtwaldes unterliegen einem Schutzstatus nach dem Naturschutzrecht.

Wo viele Interessen aufeinandertreffen, entstehen unweigerlich Konflikte. Im Jahr 2019 kam es im Zuge der Bewältigung der Borkenkäferkalamität im Stuttgarter Wald zu Protesten in der Bevölkerung.

Vor diesem Hintergrund wurde 2019 der Waldbeirat der Stadt Stuttgart ins Leben gerufen. Der Beirat setzt sich aus Vertretern des Gemeinderats, der Verwaltung sowie Stuttgarter Bürgern zusammen. Zu Beginn war der Waldbeirat mit der Frage beschäftigt, wie die künftige Bewirtschaftung des Stadtwaldes im Rahmen der neu aufzustellenden Forsteinrichtung erfolgen soll. Es wurden dabei verschiedene Modelle von Experten vorgestellt und diskutiert, was 2023 in einem Konsensvorschlag zur Beschlussfassung der Forsteinrichtung durch den Gemeinderat endete. Der Beirat trifft sich halbjährig zu einer Sitzung und führt einmal jährlich einen Waldbegang durch. Er gibt Empfehlungen und Zielvorstellungen zu den Grundsätzen der Waldbewirtschaftung an die Verwaltung ab. Die Entscheidungshoheit bleibt jedoch weiterhin bei der Fachverwaltung. 

Durch seine urbane Lage ist der Stuttgarter Wald nicht nur von Naturschutz und Forstwirtschaft geprägt, sondern auch einem erheblichen Freizeitdruck ausgesetzt. Um diese starke Überlagerung von Nutzungsansprüchen in Einklang zu bringen, gleichzeitig aber auch attraktivere Angebote für die Waldbesucher zu gestalten, gaben die Stadt Stuttgart und der Waldbeirat das „Freizeitkonzept Stuttgarter Wald“ in Auftrag, dessen Resultate sich nun in der Umsetzung befinden.

Aufbauend auf diesem Konzept beschäftigt sich das Forstamt zurzeit mit der Frage, wie die Ziele im Bereich «Mountainbiking» im Stadtwald umgesetzt werden können. Momentan findet der Bau von Mountainbikestrecken oft illegal und ungelenkt auf der Fläche statt, mit allen negativen Folgen für Wald und Natur. Künftig sollen den Mountainbikern attraktive und legale Alternativen geboten werden. Für die derzeit laufende Planung von Mountainbike-Trails im Stadtwald stellt die hohe Dichte an Schutzgebieten eine große Herausforderung dar. Eine enge Abstimmung mit allen Akteuren wird unerlässlich sein, um in dem Spannungsfeld der mannigfaltigen Nutzungsinteressen Konflikte zu vermeiden und interessenausgleichende Lösungen zu finden.

Nach diesem spannenden Einblick ging es weiter in den Forstbetrieb der Stadt Sindelfingen. Im Waldzentrum Sindelfingen stellte der städtische „Waldmeister“ Markus Klas den Betrieb und die Umweltbildungsangebote des Waldzentrums vor. Neben klassischen forstlichen Projekten, zum Beispiel einer Christbaum-Plantage, einem kleinen Sägewerk und einem anlaufenden Damwild-Gatter-Projekt, führte er auch Einrichtungen zur Umweltbildung für die urbane Bevölkerung vor. Für die Forststudenten ein wertvoller Einblick in die praktische Umsetzung der Aufgabe „Umweltbildung“. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist äußerst wichtig, um ein gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse, Sorgen und Ansichten rund um die Natur zwischen Bevölkerung und die Forstwirtschaft zu entwickeln. So betreibt das Waldzentrum unter anderem eine Vogel-Beobachtungsstation samt Fütterung, ein Bienenhotel, in welchem man die Bienen im Sommer bei der Arbeit beobachten kann, sowie ein Teichkino, in welchem Fische, Insekten und alles andere, was ein Gewässer zu bieten hat, beobachtet werden können.

Neben der Umweltbildung war auch die ehemalige Kreismülldeponie Dachsklinge ein heiß diskutiertes Thema der Exkursion. Auf der ehemaligen Deponie, die heute eine Bergkuppe bildet, wurde über die Folgenutzung von Deponieflächen und die Rechtslage diskutiert. Diese sind rechtlich nur befristet umgewandelt und müssen früher oder später wiederaufgeforstet werden, was den Forstbetrieb vor große Herausforderungen stellt.