Abbildung 0.1: Kehlchenvielfalt im Maisfeld: ein diesjähriges weibliches Blaukehlchen, ein diesjähriges Braunkehlchen und ein junges Schwarzkehlchen – eine neue Art für die Vogelfänge im Maisfeld! © N. Schöffski
Projektleitung:
Prof. Dr. Thomas Gottschalk
Projektmitarbeiter:innen:
Mirjam Rieger, László Kövér
ehrenamtliche Beringer:innen 2023:
Saskia Becker, Alfred Geiges, Elisabeth Haseloff, Wieland Heim, Wolfgang Herrmann, Sandra Huguenin, Markus Hundsdorfer, Dieter Kästner, Stella Klasan, Hauke Schneider, Thomas Stahl, diverse Helfer:innen
studentische Hilfskräfte 2023:
Max Ludwig, Anne Nevoigt, Lars Redetzke, Arne Rudolph, Nick Schöffski, Bennett Stolze, Aline Tridart, Clara Winter
Rottenburg, den 04.03.2024
Der Nutzen von Maisfeldern für die Vogeldiversität in der Agrarlandschaft wird generell als niedrig eingeschätzt. Allerdings gibt es dazu – vor allem außerhalb der Brutzeit – nur sehr wenige standardisierte Datenerfassungen (u.a. Gottschalk & Kövér 2016), weshalb seit 2016 in Zusammenarbeit mit der Markierungszentrale Radolfzell, der Beringungszentrale Hiddensee und der Markierungszentrale Helgoland bundesweite Netzfänge in Maisfeldern durchgeführt werden. Getragen wird das Projekt von einem Netz aus ehrenamtlichen Beringer:innen und Beringungshelfer:innen, welche seit 2022 zusätzlich durch hauptamtliche Fänge von einer Projektmitarbeiterin und einem Team aus studentischen Hilfskräften unterstützt werden. Ziel des Projektes ist es, Aussagen über die Vogeldiversität und -abundanz von Maisfeldern zu erhalten und diese auf mögliche Zusammenhänge zu ausgewählten Flächenparametern (bspw. Mais- oder Wald/Gehölzanteil im Umfeld, Lage der Netze im Feld, Wuchshöhe, Grad der Verunkrautung, …) zu prüfen. Von Juli bis zur Ernte der Felder im Herbst werden hierzu Vögel in Maisfeldern in unterschiedlichen Landnutzungsstrukturen mit Japannetzen gefangen und beringt. Anhand von Wiederfängen können wir darüber hinaus Erkenntnisse über Aufenthaltsdauern und Gewichtszunahmen gewinnen (Gottschalk 2017, Gottschalk & Kövér 2019), zudem wurden 2022 und 2023 Individuen ausgewählter Arten (Feldsperling, Rotkehlchen, Kohlmeise, Teichrohrsänger) mit Radiosendern ausgestattet, um deren Bewegungsmuster innerhalb von Maisfeldern und angrenzenden Strukturen zu untersuchen.
Die Durchführung der Fänge erfolgt nach einem standardisierten Protokoll, welches den Beringer:innen im Vorfeld zugeschickt wurde. Die Vögel wurden mit Japannetzen im Maisfeld zwischen Mitte Juli bis zur Ernte der Felder (2023 war dies Anfang September bis Ende Oktober) gefangen, wobei die einzelnen Fangtage möglichst gleichmäßig über den gesamten Zeitraum verteilt wurden. Um eine Standardisierung der Fänge zu gewährleisten, wurde für die Fangschneise jeweils eine Reihe Mais entfernt und an deren Stelle die Netze aufgestellt, zudem wurde die Netzzahl pro Fangplatz konstant gehalten. Die erforderliche minimale Fangzeit pro Fangtag betrug vier Stunden (mit vereinzelt wetterbedingten Abweichungen), zudem sollten (wenn möglich) mindestens 10 Fangsessions durchgeführt werden. Aufgrund früher Ernten gelang dies 2023 nicht auf allen Fangplätzen (Tab. 2.2).
Folgende Daten waren für jeden Fang zu erfassen: (1) Fangzeit, (2) Netznummer, (3) Netztasche, (4) Netzseite, (5) Ringnummer, (6) Vogelart, (7) Fangstatus (Erst- oder Wiederfang), (8) Geschlecht, (9) Alter, (10) Flügellänge und (11) Gewicht. Des Weiteren erfolgte pro Netz in regelmäßigen Abständen (etwa alle ein bis zwei Wochen) eine Erfassung der Verunkrautung des jeweiligen Feldabschnittes und der Maishöhe, sowie eine einmalige Einmessung der Lage eines jeden Netzes (gemessen an der Netzmitte). Mithilfe der Netzkoordinaten wurde der minimale Abstand der Netze zum Maisfeldrand bestimmt. Die Kartierung der Landnutzungsstruktur innerhalb eines 1000 m Radius um die Netze wurde 2023 selbstständig von allen Beringer:innen durchgeführt.
Seit dem Start des Projektes in 2016 wurde jährlich an acht bis 22 Standorten in insgesamt elf Bundesländern im Mais gefangen (Abb. 2.1, Tab. 2.1). Drei Beringer nahmen bisher jedes Jahr an den Untersuchungen teil, zudem konnten wir mit Saskia Becker eine neue Beringerin für das Projekt gewinnen. 2022 sowie 2023 wurden die ehrenamtlichen Fänge durch hauptamtliche Fänge von Mirjam Rieger und einem Team aus studentischen Hilfskräften unterstützt. Somit waren 2023 insgesamt sechzehn Beringer:innen auf 22 Fangplätzen tätig (Abb. 2.1, Tab. 2.1).
Während der Saison 2023 wurde zwischen dem 18. Juli und 28. Oktober auf einer Gesamtlänge von 1781 Netzmetern (Gesamtnetzfläche: 4348 m²) an insgesamt 257 Tagen gefangen (Tab. 2.1 und 2.2) und somit ein Gesamtaufwand von über 263000 hm² geleistet. Dies sind die höchsten Werte seit Beginn des Projektes, wobei vor allem von Anfang August bis Mitte September sehr hohe Fangaktivitäten verzeichnet wurden (Tab. 2.1, Abb. 2.2). Die Fangdichte (Fänglinge pro 1000 hm²) der Erstfänge lag dieses Jahr ebenfalls im oberen Bereich, zudem wurde die bisher höchste Artenvielfalt festgestellt (Tab. 2.1).