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Holzenergie-Tagung Baden-Württemberg in Kombination mit dem ALS Kolloquium 2018

Veröffentlicht am: 14. Dezember 2018

Am 22.11.2018 fand die Holzenergie-Tagung Baden-Württemberg in diesem Jahr kombiniert mit dem ALS-Kolloquium der Arbeitsgruppe Luftreinhaltung der Universität Stuttgart (ALS) an der Hochschule für Forstwirtschaft (HFR) in Rottenburg statt.

Thematisch stand 2018 die Emissionsminderung an kleinen Holzfeuerungsanlagen im Mittelpunkt. Veranstaltet wurde die Tagung gemeinsam vom Holzenergie-Fachverband Baden-Württemberg (HEF), der HFR und der ALS. Die Tagung, die seit vier Jahren an der HFR stattfindet, verzeichnet stetig zunehmendes Interesse und steigende Besucherzahlen. In diesem Jahr haben sich 165 Teilnehmer vorab angemeldet. Die Veranstaltung konnte dank der Unterstützung des Umweltministeriums des Landes Baden-Württemberg kostenfrei angeboten werden. Sie bot neben den Fachvorträgen eine attraktive Plattform zum Austausch fachlicher Themen rund um die Holzenergie und Emissionsfragestellungen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Vorsitzenden des HEF Prof. Dr.-Ing. Harald Thorwarth, Apl. Prof. Dr.-Ing. Günter Baumbach, Geschäftsführer der ALS, Apl. Prof. Dr.-Ing. Rainer Friedrich, dem Sprecher der ALS, sowie einem Grußwort von Seiten der HFR durch Prorektor Prof. Dr. Matthias Scheuber. Den ersten Fachvortrag hielt Prof. Dr.-Ing. Harald Thorwarth zum Status quo der energetischen Nutzung von Holz. Er ging auf die Notwendigkeit der Holzenergie für ein Gelingen der Energiewende ein und betonte, dass in Baden-Württemberg die Anzahl der Holzkraftwerke gesteigert werden kann, ohne den Nachhaltigkeitsaspekt zu gefährden.

Zur energetischen Nutzung von Holz stehen grundsätzlich verschiedene Technologien und Ansätze zur Verfügung (z.B. Holzvergasung oder Verbrennung). Im Blick der vergangenen und auch diesjährigen Tagung lag ausschließlich die Verbrennungstechnologie, welche auch als direkte thermochemische Umwandlung bezeichnet wird. Eine jede Feuerung bzw. Verbrennung lässt sich in vier charakteristische Phasen (Aufheizung, pyrolytische Zersetzung, Vergasung und Oxidation) unterteilen. Erhebliche Unterschiede entstehen dann erst durch Anlagentechnik und Betriebsweise – beispielsweise ob eine Anlage von Hand oder automatisch mit Brennstoff beschickt wird oder ob es sich um eine Einzelraumfeuerstätte (Kaminofen), Zentralheizung, Großfeuerungsanlage (z.B. Holzheizkraftwerk) handelt. Zusätzlich muss beim Brennstoff (Scheitholz, Hackschnitzel, Pellet in verschiedenen Güteklassen) und beim Feuerungsprinzip unterschieden werden. Vor allem vor dem Hintergrund des Tagungsthemas „Emissionsminderung an Holzfeuerungsanlagen“ ist dies eine entscheidende Erkenntnis. Holzfeuerungen pauschal zu bewerten ist nicht sinnvoll. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung und Bewertung der Technologien essentiell!

Apl. Prof. Dr.-Ing. Rainer Friedrich vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart bewertete in seinem Vortrag die Gesundheitsrisiken des Betriebs von kleinen Kaminöfen (handbeschickte Einzelraumfeuerung) durch erhöhte Emissionswerte, die von Kritikern oft als Negativaspekte genannt werden, gegenüber ihrer Potenziale zum Klimaschutz. Kontroverse Diskussionen löste die Frage aus, ob die Vorteile dieses Holzfeuerungstyps die Nachteile der Luftverschmutzung durch Emissionen, besonders in größeren Städten, überwiegen. Es ist korrekt, dass Einzelraumfeuerungen bzw. Kaminöfen (häufig auch als Komfortöfen bezeichnet) aus Emissionssicht erhebliches Verbesserungspotenzial aufweisen und auch zu Schadstoffeintrag (Immission) führen. Zusätzlich gilt es beim Immissionsthema immer auch geographische Lagen (z.B. Kessellage) zu berücksichtigen. Jedoch ist anzumerken, dass seit 1990 technologie- und schadstoffübergreifend bereits erhebliche Fortschritte erzielt wurden. So konnten im Bundesdurchschnitt beispielsweise die Stickoxid-Emissionen seit 1990 um 60 %, die Staub-Emissionen um 80 % reduziert werden (vgl. Umweltbundesamt „Luftschadstoff-Emissionen in Deutschland). Nichtsdestotrotz sind die Einsparpotenziale, speziell bei dieser Feuerungsart, enorm – dies wurde auch in weiteren Vorträgen der Tagung thematisiert.

Anschließend wurde das Thema Holzfeuerungsrauch von Kaminöfen in Wohngebieten von Apl. Prof. Dr.-Ing. Günter Baumbach näher beleuchtet. Er beschäftigt sich am Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart schwerpunktmäßig mit Reinhaltung der Luft und stellte Messungen von Partikeln, Black Carbon (Ruß), Levoglukosan und PAK vor. Diese Stoffe führen zu Geruchsbelästigungen in Wohngebieten und möglichen Gesundheitsschäden. Ein Vergleich mit dem Smog in Ulan Bator in der Mongolei, den Prof. Baumbach auf Forschungsreisen erlebt hat, macht deutlich, wie wertvoll eine effektive Luftreinhaltung ist. Wie bereits zuvor erwähnt, ist stets auch auf die Verortung der Messstation zu achten – Immissionen werden auch durch unvorteilhafte geographische Lagen begünstigt.

Andreas Groll von der KWB Deutschland – Kraft und Wärme aus Biomasse GmbH diskutierte in seinem Vortrag Entwicklungen bei der Emissionsgesetzgebung und technische Lösungen. Als zentrale Botschaft stellte er die Einsparung von CO2 durch Holz im Vergleich zu anderen Brennstoffen in den Mittelpunkt. Hersteller von automatisch beschickten Kleinfeuerungen hätten bereits massive Verbesserungen beim Emissionsverhalten erzielt. Unverzichtbar sei jedoch, genau zwischen modernen Zentralheizungen und Einzelraumfeuerungen, bei denen falsches Nutzerverhalten besonders negative Auswirkungen mit Blick auf die Emissionen zeigt, zu unterscheiden, was in der Öffentlichkeit oft nicht geschieht (siehe Ausführungen zuvor). Genau diesem Thema (Optimierung Einzelraumfeuerung) widmete sich Dr. Daniel Kuptz vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ). Untersuchungen des TFZ befassten sich mit der Möglichkeit von Emissionsminderungen durch Änderungen in der Ofengeometrie, automatischer Zuluftsteuerung und Katalysatoren. Zentral sei auch eine bessere Aufklärung der Nutzer über die richtige Bedienung, um Probleme, die v.a. aufgrund unvollständiger Verbrennung auftreten, zu minimieren.

Prof. Dr.-Ing. Harald Thorwarth und Apl. Prof. Dr.-Ing. Günter Baumbach, die als Moderatoren durch die Vortragsreihe führten, beendeten die Fachvorträge am Vormittag mit einer kurzen Vorstellung der Firmen, die als Aussteller an der Tagung teilnahmen. In der Fachausstellung, die in den Räumen des Technikums der HFR im passenden Ambiente umgeben von Holzheiztechnik und Versuchsanlagen untergebracht war, präsentierten sich mit NOLTING, VYNCKE, SCHMID, AVAT, LAMTEC und DEHA Unternehmen, die Feuerungs- und Regelungstechnik für die Holzenergienutzung anbieten.

Nach der Mittagspause begann Christian Thiel vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) die zweite Hälfte der Vortragsreihe und stellte nachrüstbare Katalysatorsysteme zur Emissionsminderung und Effizienzsteigerung an Kaminöfen vor. Die DBFZ-Forschungsgruppe um Dr. Ingo Hartmann forscht an Nachrüstlösungen zum Einsatz sowohl an vorhandenen als auch an Neuanlagen. Durch die Katalysatoren ist es möglich, Schadstoffemissionen zu vermindern während die Wärmenutzung verbessert wird.

MR Gregor Stephani, Referatsleiter für Immissionsschutz, Lärm, Störfallvorsorge beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg präsentierte neueste Entwicklungen zur Umsetzung der MCP-Richtlinie in der 44. Bundes-Immissionsschutzverordnung. Die Richtlinie schließt auf europäischer Ebene eine Lücke für Anlagen mit einer Leistung von 1 bis 50 MW und führt letztendlich zu einer weiteren Reduzierung des Schadstoffausstoßes, insbesondere von Großfeuerungsanlagen, die bereits sehr niedrige Emissionen aufweisen. Informationen zu geplanten Anforderungen und Vorgaben, die sich aus der 44. BImSchV ergeben werden, trafen auf große Aufmerksamkeit im Publikum, da nach aktuellem Stand Neuanlagen ab dem 20. Dezember 2018 betroffen sein sollen.

Nach diesem rechtlich-politischen Thema wurden durch Marc-Oliver Schmid von der Universität Stuttgart Emissionsminderungen an Biomassegroßfeuerungen thematisiert. Stickoxide (NOx) werden durch Biomassefeuerungen, v.a. aufgrund des im Brennstoff enthaltenen Stickstoff, emittiert. Schmid beschäftigte sich mit der Reduktion von Stickoxiden durch sogenannte SCR-Technologie. Diese Technologie ist in der Kohleverbrennung seit vielen Jahren erprobt. Das Betriebsverhalten ist aufgrund der unterschiedlichen Brennstoffzusammensetzung jedoch nicht direkt auf Holzfeuerungen übertragbar.

Einen beeindruckenden Schlusspunkt setzte Dr. Franz Alt unter dem Titel „Der Holzweg ist ein guter Weg – Holzenergie hat Zukunft“. Er stellte das Thema Holzenergienutzung in einen gesellschaftspolitischen Kontext und forderte eindringlich, durch einen nachhaltigen Umbau des Energiesystems den Klimawandel aufzuhalten und so die Lebensgrundlage aller Menschen zu sichern. Mit den Worten „Was Ihr hier erforscht, darauf wartet die Welt!“ regte er die Anwesenden an, sich weiter engagiert ihrer Arbeit zu widmen.

Anschließend an Vorträge und den Besuch der Ausstellung führte Prof. Dr.-Ing. Harald Thorwarth, wissenschaftlicher Leiter des Zentrallabors an der HFR, durch die Laborräume der Hochschule. Der Ausklang der Veranstaltung bei einem Glas Wein oder Bier im Technikum, wo noch Ausstellerstände und ein Prüfstand der Hochschule zur Emissionsmessung zu sehen waren, lud zum Verweilen bei interessanten Gesprächen ein.

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